Bisher keine Einigung im Tarifkonflikt möglich. Aktionen gehen weiter

von Claudia von Zglinicki

Job mit Kopfhörern und Tabletten? Erzieherin auf der Kundgebung am 22. Juni in Duisburg, 10.000 Beschäftigte, Eltern und Kinder waren dabei.

Stefan Keller ist Sozialpädagoge im Jugendzentrum "Haus Haifa" in Mainz. Die Pädagog/innen dort teilen sich dreieinhalb Stellen. Sie bieten "in einem sozial schwierigen Umfeld", wie Keller sagt, einen offenen Treffpunkt für Menschen zwischen sechs und 27 Jahren an, ein Internetcafé und viel Musik, sogar ein stadtweit bekanntes Tonstudio. Stefan Keller gehört zur Bezirksaktionsleitung für die Auseinandersetzung mit den kommunalen Arbeitgebern, Ende Juni hat er selbst schon 13 Streiktage hinter sich. "Da bleibt viel liegen", sagt er. "Projektanträge zum Beispiel. Wir sind am Rotieren. Von den Jugendlichen verstehen viele, warum wir streiken, andere begreifen es nicht. 30 bis 40 sagen jetzt, da gehen wir nicht mehr hin. Wir befürchten schon, uns selbst das Wasser abzugraben, aber wir geben bestimmt nicht auf. Die zehn Jugendzentren in Mainz haben bisher bei allen Aktionen kräftig mitgemischt. Anfangs waren sogar alle Häuser geschlossen, was für manche Eltern im Kinder-bereich schwierig war."

Für Stefan Keller und seine Kollegen ist - wie für die meisten Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst - klar, dass es weitergeht, mit Aktionen und auch mit Streiks. Das richtet sich nicht gegen die Kinder und Jugendlichen und deren Familien. Vielmehr wird auch für sie gestritten, denn von einer Aufwertung der sozialen Arbeit und einem besseren Gesundheitsschutz für die Beschäftigten in Kitas, Jugendzentren und vielen anderen Einrichtungen profitieren auch sie. Gerade den Kindern in den oft viel zu großen Kita-Gruppen käme es zugute, wenn jede Erzieherin Anspruch auf eine Gefährdungsanalyse ihres Arbeitsplatzes hätte. Für diese ver.di-Forderung sind viele auf die Straße gegangen.

Plattgedrückte Nasen. Streiktag in Duisburg

"Die Stimmung der Beschäftigten ist trotz der Empörung über das Auftreten der Arbeitgeber gut. Die meisten Kolleginnen und Kollegen sind weiter streikbereit", sagt Harald Giesecke, der in der ver.di-Bundesverwaltung für den Sozial- und Erziehungsdienst zuständig ist. Das Angebot der Kommunalen Arbeitgeber für die 220 000 Frauen und Männer im Sozial- und Erziehungsdienst betraf nur die Erzieherinnen. Und selbst von ihnen hätte es nur die 20 bis 30 Prozent bessergestellt, die nach dem 1. Oktober 2005 eingestellt wurden. Über alle anderen, die in 49 verschiedenen Berufen im Sozial- und Erziehungsdienst arbeiten, verhandelten die Arbeitgeber nicht. Einstimmig lehnte die Große Tarifkommission von ver.di das Angebot ab. "Damit versuchen die Arbeitgeber auch, einen Keil zwischen Erzieherinnen und Sozialarbeiter zu treiben", urteilt Stefan Keller. "Und noch einen zwischen alle, die schon lange dabei sind, und die Neuen. Das ist nicht akzeptabel."

Fortsetzung folgt

Ende Juni trafen sich Aktive in vielen Bundesländern zu Kundgebungen, so in NRW und im Saarland. In Saarbrücken kamen Fachkräfte und Eltern zusammen. Damit die Erzieher/innen an dem Aktionstag teilnehmen konnten, wurden alle Kita-Kinder im Saarland bis 16 Uhr aus den Einrichtungen abgeholt. "Gemeinsam mit den Eltern agieren - in diese Richtung denken wir weiter", sagt Harald Giesecke. "Wir könnten es schaffen, in den drei Wochen vor der Bundestagswahl die Eltern an einem Tag pro Woche überall auf die Straße zu bringen, auf Marktplätze, vor Rathäuser. Im Juli laden wir die Landeselternvertreter/innen nach Berlin ein, um mit ihnen zu beraten." In Mainz werden Sozialpädagogen aus dem Allgemeinen Sozialen Dienst in ihrer Mittagspause einen Kindersarg durch die Stadt tragen. "Schocktherapie", sagt Keller. Auf dem Sarg steht dann: "Noch liegt keiner drin."