Kürzer und flexibler streiken

ver.di will die Mitglieder stärker in Tarifauseinandersetzungen einbeziehen - neue Richtlinie beschlossen

VON Heike Langenberg

Die Mitglieder wollen gefragt werden

Mit Mitgliederbefragungen im Rahmen von Tarifrunden hat ver.di gute Erfahrungen gemacht. Zweimal wurden bislang bundesweit Mitglieder im öffentlichen Dienst zu Verhandlungsergebnissen befragt, mehrere Befragungen fanden regional in anderen Branchen statt. "Sie dienen der Entscheidungsfindung in der Organisation", sagt Rolf Winkler, der beim ver.di-Bundesvorstand den Bereich Organisationspolitik leitet. Die Befragungen kamen bei den Mitgliedern gut an, weshalb sie jetzt als weitere Option neben der Urabstimmung in der neuen Arbeitskampfrichtlinie verankert wurden. Die Richtlinie wurde im Juni vom ver.di-Gewerkschaftsrat verabschiedet und soll zum 1. Oktober 2009 in Kraft treten.

Die neue Richtlinie löst drei bisher gültige Regelungen ab, die zum Teil noch aus der Gründungsphase von ver.di stammen. "Es zeigte sich zunehmender Anpassungsbedarf. Es hat sich erwiesen, dass man Arbeitnehmer besser für ver.di gewinnen kann, wenn man sie in den Arbeitskampf einbezieht", sagt der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Gerd Herzberg.

Die Entscheidung über den Beginn oder das Ende eines Streiks kann jedoch weiterhin nur der ver.di-Bundesvorstand treffen. Das hat allerdings arbeits- und satzungsrechtliche Gründe. Die Zahl der Arbeitskämpfe ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Waren es 2004 noch 36 Anträge, die in ver.di gestellt wurden, sind allein in der ersten Jahreshälfte 2009 bislang 118 Anträge beim Bundesvorstand eingegangen.

Auch die Art der Arbeitskämpfe hat sich deutlich verändert. "Kürzere und flexiblere Streiks haben zugenommen und sich bewährt", sagt Rolf Winkler. Denn die Arbeitgeber können sich weniger gut auf kurzfristige Streiks einstellen. Das erhöht deren Wirkung. "Daher haben wir die Richtlinie unseren Streikerfahrungen angepasst", sagt Winkler. Künftig wird auch eine Streikunterstützung ab einer Streikdauer von vier und mehr Stunden bezahlt, bisher war das nur nach ganztägigen Arbeitskämpfen möglich. Allerdings wird das Streikgeld dann nach der Zahl der tatsächlich gestreikten Stunden gezahlt werden.

Weitere Vorteile zeigen sich auch bei der Arbeit im Streikbüro. Durch eine bessere Nutzung der EDV soll weder für die Streikenden noch für die ver.di-Beschäftigten zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstehen.

Kongress in Leipzig

Der ver.di-Gewerkschaftsrat hat beschlossen, dass der 3. ver.di- Bundeskongress vom 17. bis zum 24. September 2011 in Leipzig stattfinden soll. Dort hatte der Kongress bereits 2007 getagt. Die vorbereitenden Konferenzen beginnen mit betrieblichen und örtlichen Mitgliederversammlungen im Frühjahr 2010. Antragsschluss und Termin für die Meldung der Delegierten und Wahlvorschläge ist am 13. Mai 2011.