Ausgabe 12/2010
Solidarität mit Kersten Artus
Aufgeben wird die Redakteurin Kersten Artus ganz sicher nicht
Von Wulf Beleites
Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske hat sich mit ihr solidarisiert, die Betriebsratsvorsitzenden von zwölf großen Hamburger Verlagen haben protestiert und Mitglieder der Hamburger Bürgerschaft die "Wahrnehmung demokratischer Rechte" eingefordert. Die Unterstütze-r/innenliste gegen das Kündigungsbegehren des Bauer-Verlags gegen die Konzernbetriebsratsvorsitzende Kersten Artus ist lang. Fristlos gekündigt werden soll ihr wegen eigenmächtigen Antritts eines Sonderurlaubs für eine ver.di-Vorstandssitzung und einen Arbeitsgerichtstermin, wegen nicht ordnungsgemäßer Abmeldung zur Betriebsratsarbeit und Nichterbringung ihrer Arbeitsleistung in der Redaktion der Fernsehwoche. Kersten Artus bestreitet alle drei Gründe, der Betriebsrat hat nicht zugestimmt, so dass der Bauer-Verlag nun ersatzweise versucht, die Zustimmung beim Arbeitsgericht einzuholen.
Der Hintergrund
War der Konzern in der Vergangenheit schon berüchtigt für seine "Verbauersierung", für die Zersplitterung größerer Einheiten in kleinere, eigenständige KGs mit untergegliederten GmbHs, so ging es jetzt weiter mit Ausgliederung, Outsourcing und Neugründungen. Waren früher etwa in der Achat KG neun Redaktionen mit zirka 300 Mitarbeitern beschäftigt, was einen neunköpfigen Betriebsrat bedeutete, so sind in den neuen GmbHs teilweise nur noch drei Betriebsratsmitglieder möglich. Artus sagt: "Unabhängig davon, wie man die Firmenzusammenhänge zerschlägt, die Arbeit bleibt. Ernsthafte Betriebsratsarbeit benötigt Zeit. Und darüber gibt es den Streit."
Vor Gericht
Gütetermin war am 12. November vor dem Hamburger Arbeitsgericht, 60 Unterstützer nahmen im überfüllten Verhandlungssaal an der Sitzung teil. Längst ist das Kündigungsbegehren ein Politikum in der Hansestadt geworden. 51 Abgeordnete aller in der Bürgerschaft vertretenen Parteien (CDU, SPD, GAL, Die Linke) haben sich mit Artus solidarisiert: "Als Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft erwarten wir, dass der Heinrich-Bauer-Verlag die fristlose Kündigung zurücknimmt."
Arbeitsrichter Esko Horn referierte ungewöhnlich ausführlich die Kündigungsgründe und ließ Zweifel erkennen, dass die Gründe stichhaltig sind. Er sagte: "Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Arbeitsleistungen nicht erbracht wurden." Diverse Abmahnungen seien zwar "formal korrekt", aber man müsse "sich auch anschauen, ob sie inhaltlich so zutreffen". Unterm Strich müsse er feststellen, es sei sicherlich unstrittig, "dass die Stimmung vergiftet ist". Ihn erinnere es "an vergleichbare Eheverhältnisse, aber Ehen lassen sich sicherlich leichter trennen". Sein von beiden Seiten angenommener Vorschlag: Das Angebot der gerichtlichen Mediation - eine Möglichkeit, "mit dem ein Rechtsstreit selbstbestimmt und unter Wahrung der eigenen Interessen beendet werden kann, ohne dass es Sieger und Besiegte gibt".
Die Mediatorin ist Birgit Voßkühler, Vizepräsidentin des Arbeitsgerichts. Bis Ende Januar 2011 haben sich der Bauer-Verlag und Kersten Artus jetzt eine Frist gesetzt. Sollte die Mediation erfolglos enden, ist eines jetzt schon sicher: Die Unterstützung für die Gewerkschafterin wird nicht schwächer werden. Kersten Artus erklärt: "Ich bin überwältigt von der Solidarität, die ich erlebe, und ich bin mir sicher, dass diese Kündigung nicht haltbar sein wird. Ich kämpfe weiter."