Für Studierende in sogenannten praxisintegrierten Studiengängen gilt keine Sozialversicherungspflicht mehr - das bringt zwar mehr Geld, aber auch mehr Unsicherheit

von Stefan Zimmer

Kein Studierendenstatus und voll sozialversicherungspflichtig: Bis zum letzten Wintersemester haben die Krankenkassen alle Studierenden in dualen Studiengängen gleich behandelt. Für dual Studierende in sogenannten praxisintegrierten Studiengängen jedoch hat das Bundessozialgericht die Sozialversicherungspflicht ab dem 1. Oktober 2010 aufgehoben. Sie haben damit den Status Studierender erhalten, Auszubildende sind sie nicht mehr. Damit entfällt für die Studierenden der Anspruch auf Arbeitslosengeld, sie müssen sich selbst krankenversichern und auch für ihre spätere Rente erwerben sie keine Anwartschaften mehr. Im Gegenzug sinkt die finanzielle Belastung in der Gegenwart. "Für mich ist die Regelung positiv, da ich insgesamt weniger für Versicherungen zahlen muss. Ich würde im Falle des Falles zwar kein Arbeitslosengeld bekommen, aber durch eine vertraglich geregelte Bindungsklausel übernimmt mich mein Unternehmen nach der Ausbildung für drei Jahre", so Lasse Rosenbaum*, 23, im 2. Semester dual Studierender im Fach Business Administration an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bielefeld.

Mit oder ohne Übernahmeregelung: Das Urteil sorgt nicht nur hinsichtlich Rente und Arbeitslosengeld für Verunsicherung. Zwar freuen sich viele dual Studierende seit Oktober 2010 über ein höheres Nettoeinkommen, jedoch könnte dadurch der Kindergeld- und BaföG-Anspruch verloren gehen. Ferner führt die neue Rechtsprechung zu einer Ungleichbehandlung dual Studierender, denn Studierende ausbildungsintegrierter und berufsintegrierter Studiengänge bleiben weiterhin sozialversicherungspflichtig.

Urteil steht noch aus

Und auch die betriebliche Interessenvertretung bleibt von dem Urteil nicht unberührt. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen vertritt die Auffassung, die bezahlte Vergütung sei kein Arbeitsentgelt. So besteht die Gefahr, dass viele Unternehmen praxisintegriert Studierenden das Wahlrecht zur Jugendauszubildendenvertretungs-Wahl und damit auch zu den Betriebsrats-Wahlen aberkennen. Eine eindeutige Klärung durch den Gesetzgeber steht hier noch aus. Auch existiert bislang kein höchstrichterliches Urteil. Bis dahin empfiehlt die ver.di Jugend allen Wahlvorständen, die Gruppe der dual Studierenden bei den Wahlen weiterhin zu berücksichtigen. Damit sich das duale Studium nicht nur für die Unternehmen lohnt, sondern den Studierenden echte Perspektiven eröffnet, sind die betrieblichen Interessenvertretungen mehr denn je wichtig. Andernfalls setzt sich auch hier der Trend fort zu mehr Unsicherheit bei weniger Mitbestimmungs-Möglichkeiten.

Name geändert

Viermal dual studieren

Derzeit unterscheidet man vier Arten des dualen Studiums, die jeweils zur Hälfte in einem Unternehmen und an einer Hochschule absolviert werden:

Am Ende des ausbildungsintegrierten Studiums haben die Absolventen neben dem akademischen Grad auch eine abgeschlossene Berufsausbildung in der Tasche. Die jetzt betroffene praxisintegrierte Version beinhaltet neben der Hochschulausbildung zahlreiche Praxisphasen im Betrieb. Die enge betriebliche Anbindung in diesem Studiengang bietet eine gute Chance auf Weiterbeschäftigung. Ein berufsintegriertes Studium kommt in Frage, wenn bereits ein Berufsabschluss besteht. Und im berufsbegleitenden dualen Studium gibt es im Unterschied zur normalen nebenberuflichen Hochschulausbildung Unterstützung von der Arbeitgeberseite, zum Beispiel durch Freistellungen oder Sachmittel.

www.dualesstudium.de