Die Aufträge fließen stetig: Mal meldet sich bei der Programmiererin Karola Welters (Name geändert) das Straßenverkehrsamt, mal das Wohnungsamt, dann das Rechtsdezernat ihrer Stadtverwaltung. Es geht um die Verknüpfung von geografischen Daten der städtischen Datenbank. Dann einigt sich die Geografin mit dem Amt auf ihr Honorar und setzt sich an einen Computer im Katasteramt. Die meisten der Projekte kämen gar nicht zustande, wenn ihr Expertenwissen nicht zur Verfügung stünde, sagt Welters. Weil sie weit mehr als die Hälfte ihres Einkommens von der Stadt erhält, ist sie laut Tarifvertragsgesetz eine "arbeitnehmerähnliche Person". Für sie hat sich in Nordrhein-Westfalen im Juli mit der Reform des Landespersonalvertretungsgesetzes etwas Grundsätzliches geändert: Personalräte sind jetzt auch für Arbeitnehmerähnliche und Leiharbeiter/innen da. Karola Welters sagt: "Es ist gut, dass ich jetzt Ansprechpartner im städtischen Personalrat habe. Man kriegt als vereinzelt Arbeitende sonst wichtige Dinge nicht mit."

Erfolg am Uniklinikum Essen

Für Leiharbeiter/innen hatten die Personalräte auch nach bisherigem Recht schon einige Mitbestimmungsmöglichkeiten - und haben sie genutzt. So wurde am Uniklinikum Essen auf Druck von ver.di und Personalrat die klinikeigene Leiharbeitsfirma aufgelöst. 300 frühere Leiharbeitskräfte haben jetzt eine Stelle im Betrieb. Die Personalratsvorsitzende Alexandra Willer stellt sich schon auf das nächste Problem mit der Leiharbeit ein. Es wird um die rund 1000 Krankenschwestern gehen, die für die Arbeit im Klinikum vom DRK gestellt werden. Auch für sie ist der Personalrat nach der Gesetzesänderung jetzt zuständig.

Doch über arbeitnehmerähnliche Beschäftigte bei den Kommunen und Landesbehörden in NRW weiß bisher kaum jemand Genaueres. In seinem Bereich sei ihm noch kein Fall bekannt, sagt Klaus Böhme von der Landespersonalrätekonferenz für Technik und Verwaltung der NRW-Universitäten. Dass bei den städtischen Volkshochschulen freie Dozentinnen den Status der Arbeitnehmerähnlichkeit haben können, ist Personalräten zwar klar, doch was ist mit den freiberuflichen Stadt- und Museumsführerinnen, mit freien Sozialarbeitern beim Jugendamt, mit Grafikerinnen, die für die Touristeninformation arbeiten? Nur sie selbst können sagen, ob sie zu mehr als der Hälfte für einen einzigen Auftraggeber arbeiten. Wenn das der Fall ist, gehören sie auf die Wählerlisten für die Personalratswahlen im kommenden Frühjahr und können auch in die Gremien gewählt werden.

Kandidieren beim WDR

Das dürfte 2012 beim Westdeutschen Rundfunk eine Rolle spielen. Dass es dort rund 1900 arbeitnehmerähnliche Beschäftigte mit passivem Wahlrecht gibt, bestreitet niemand. Ob sie auch gewählt werden können, stellt die WDR-Personalabteilung bisher in Frage. Bei ZDF, Radio Bremen und Hessischem Rundfunk haben die Arbeitgeber damit kein Problem - obwohl für sie Vorschriften gelten, die dem neuen Gesetz in NRW ähnlich sind. Beim Hessischen Rundfunk ist mit Karin Alles sogar eine freie Mitarbeiterin Personalratsvorsitzende. Täglich bekommt sie mindestens eine Anfrage von arbeitnehmerähnlichen Kollegen, meist zu den Themen Bezahlung oder Arbeitszeit. Auch Karola Welters hat Wünsche an den Personalrat der Stadt: Er sollte etwas gegen zu knappe Zeitvorgaben für die Aufträge tun und künftig gegen Dumpinglöhne bei extern vergebenen Aufträgen vorgehen. Ulli Schauen