Erst die Zeitung - dann der Verband

Leipzig, Januar 1863. Die sächsische Messestadt boomt auch als Metropole der Bücherproduktion. Mehr als 10.000 Menschen arbeiten in 1500 Betrieben des graphischen Gewerbes, der Verlage und des Buchhandels. Die abhängig Beschäftigten haben aber so gut wie keine Rechte, erhalten Löhne, die zum Leben nicht reichen, die Arbeitsbedingungen machen krank. Sie sind, wie die Beschäftigten aller anderen Branchen, kaum organisiert, aber es gibt einen Fortbildungsverein für Buchdruckergehilfen. Und dessen Aktivisten versuchen das Unmögliche: Zum 1. Januar 1863 erscheint in Leipzig erstmals Der Correspondent als "Wochenschrift für Deutschlands Buchdrucker und Schriftgießer".

Keine ist älter als sie

Die Pläne gehen auf, zunächst wird eine Auflage von 500 Exemplaren verkauft. Und das wichtigste: Auf Initiative und mit Hilfe des Correspondent gelingt drei Jahre später, ebenfalls in Leipzig, die Gründung des "Deutschen Buchdrucker-Verbands", der Drucker-Gewerkschaft. Die ist damit ältester Vorläuferverband der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.

DRUCK+PAPIER, die Fachbereichszeitung der Drucker in ver.di und Nachfolgerin des Correspondent, vollendet mit ihrer Dezember-Ausgabe 2012 jetzt den 150. Jahrgang. Älter ist keine "lebende" Gewerkschaftszeitung der Welt. In ihrer Geschichte gab es für die Publikation schwindelnde Höhen und existenzvernichtende Tiefen. Die verkaufte Auflage des später Korrespondent genannten Blattes, das von 1875 bis 1933, also fast 60 Jahre lang, dreimal wöchentlich (!) erschien, kletterte bis 1912 auf über 50.000 Exemplare - und zwar bezahlte. Der Bezug der Zeitung war nicht im ohnehin hohen Mitgliedsbeitrag des Buchdruckerverbands enthalten, und dennoch hatten mehr als die Hälfte seiner 90.000 Mitglieder ihren "Korr." abonniert.

Von den Nazis 1933 zerschlagen, erschien die Zeitung von 1949 an unter dem Namen DRUCK+PAPIER als "Zentralorgan" der neu gegründeten gleichnamigen Industriegewerkschaft. Seit der ver.di-Gründung 2001 firmiert DRUCK+PAPIER als "Branchenzeitung" und wird den Gewerkschaftsmitgliedern in der Druckindustrie, den Zeitungsverlagen und der Papierverarbeitung als Beilage der ver.di PUBLIK im Einzelversand zugestellt.

Zum 150-Jährigen präsentiert die Redaktion in der MedienGalerie im Berliner Buchdruckerhaus bis zum 11. Januar 2013 eine Ausstellung mit Exponaten aus 150 Jahren. Es gibt eine Jubiläumsausgabe, anzuschauen und zu lesen auch im Internet unter www.drupa.verdi.de. In Arbeit ist außerdem ein repräsentatives Geschichtsbuch von Rüdiger Zimmermann, ehemals Chefbibliothekar der Friedrich-Ebert-Stiftung, mit 22 Biografien von Chef- und verantwortlichen Redakteuren des Korrespondent und von DRUCK+PAPIER, das im Herbst 2013 erscheint.