Immer weniger Beschäftigte haben immer mehr Arbeit beim WDR

von Silke Leuckfeld

Tom Buhrow, der Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR), geht davon aus, dass ihm bis zum Jahr 2022 1,2 Milliarden Euro im Haushalt fehlen werden. Hintergrund sei unter anderem der abgesenkte Rundfunkbeitrag. Doch die Zeche sollen die Beschäftigten zahlen: 500 Stellen werden abgebaut, Buhrow will überall im Sender sparen.

Im Jahr 2013, bei seiner Wahl zum WDR-Intendanten, zitierte Tom Buhrow eine Zeile aus einem Song der Neuen Deutschen Welle: "Ich bring' die Liebe mit." Jetzt, gut anderthalb Jahre später, dürften sich viele der Festangestellten und Freien beim WDR nicht mehr sehr geliebt fühlen.

Buhrow war gerade 100 Tage im Amt, als er seine erste Schreckensbotschaft verkündete: Die Einnahmen und Ausgaben des Senders klafften demnach so weit auseinander, dass zunächst 50 Stellen komplett gestrichen wurden. Im Jahr 2014. Ab 2015 sollen nun weitere 500 Stellen wegfallen. Es wird zwar niemand entlassen, aber frei werdende Stellen werden nicht wieder besetzt. Rund 4 200 Planstellen hatte der WDR im Jahr 2012 noch, die sich auf ungefähr 4 500 Beschäftigte verteilten. Für den Sender arbeiten auch rund 2 000 freie Mitarbeiter/innen. Die Zusammenarbeit ist so eng, dass sie als "arbeitnehmerähnlich" gelten, also mehr Rechte haben als komplett freie Kollegen, aber auch weniger als Festangestellte.

Noch mehr Arbeitsverdichtung

Die Beschäftigten auf den 50 gestrichenen Arbeitsplätzen hatten sich selbstverständlich nicht gelangweilt. Ihre Arbeit wird nun nach ihrem Ausscheiden umverteilt, andere müssen die Aufgaben zusätzlich übernehmen. Die Folge ist eine enorme Arbeitsverdichtung, die in der Zukunft, wenn auch die weiteren 500 Stellen nicht wieder besetzt werden, noch steigen wird. "Wir merken das schon jetzt an allen Ecken und Enden", stellt Anja Arp fest, die ver.di-Freienvertreterin im WDR.

Auch am Fernsehprogramm wird gekürzt: Die Talkshow Plasberg persönlich wurde gestrichen, die Wochenendausgabe der Lokalzeit geschrumpft. Seit Jahresbeginn wird sonnabends nur noch eine landesweite Ausgabe gesendet, nicht mehr - wie bisher - elf regionale. Das ist vor allem für die Freien bitter, denen damit viele Aufträge entgehen.

Wegen der drohenden Kürzungen hatte ver.di die Freien am 30. Januar zu einem Aktionstag ins Kölner DGB-Haus eingeladen. "Es kamen rund 100 Kolleginnen und Kollegen", sagt Anja Arp. "Wir haben konzentriert im Plenum und in Workshops diskutiert."

In diesem Jahr sollen beim WDR 100 Millionen Euro eingespart werden, vor allem im Programm. "Viele Freie haben darüber geklagt, dass sie schon im vergangenen Jahr erheblich weniger Aufträge vom WDR bekommen haben. Das spiegelt sich auch in der Freiensprechstunde des Personalrats wider", sagt Anja Arp.

In Workshops wurden auf dem Aktionstag auch Themen wie Crossmedia besprochen - die Praxis, dass ein Beitrag sowohl für Radio und Fernsehen als auch fürs Internet produziert wird. Dafür will der WDR mit ver.di über Crossmedia-Honorare verhandeln. Die Freien sollen dem Sender einen ordentlichen Rabatt auf die gültigen Tarifhonorare gewähren, weil es angeblich zu vielen Synergien bei der Recherche komme.

Das fordern die Freien

In diesem Jahr stehen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk Tarifverhandlungen bevor. ver.di fordert von den Sendern bei ARD und ZDF sechs Prozent mehr Geld. Das soll für Effektiv-Honorare und Gehälter gelten, inklusive einer sozialen Komponente. Die WDR-Grundhonorare sind jedoch so niedrig, dass die freien Kolleg/innen ohne Zuschläge nicht mehr davon leben können. Tariferhöhungen werden aber nur auf die Grundhonorare angerechnet, die Zuschläge steigen nicht. Die Freien einigten sich auf dem ver.di-Aktionstag in Köln deshalb auch auf die Forderung, dass die Erhöhung auf die Effektiv-Honorare, also die Gesamtsumme, gezahlt werden muss.

Als soziale Komponente stellen sich die Freien einen Sockel-Betrag vor. Außerdem sprachen sie sich gegen unbezahlte Wochenend-Bereitschaften aus. An den Zuschlägen für Eigenproduktionen wollen sie festhalten, da der Sender immer mehr von ihnen fordert: Sie sollen immer häufiger auch selbst zur Kamera greifen oder dem Sender bereits fertig produzierte Beiträge liefern. Und noch ein Punkt ist ihnen wichtig: Sie wollen sich aktiv für den Erhalt des Online-Zuschlags von 4,5 Prozent einsetzen. Nach geltendem Urheber-Tarifvertrag wird der für Hörfunk- und Fernsehbeiträge fällig, die auch im Netz laufen.