Oktober 2014: Die Beschäftigten von Kaiser ́s-Tengelmann glauben, einen normalen Arbeitstag vor sich zu haben. Stattdessen kommt eine Schreckensnachricht: Die Supermarktkette Kaiser ́s-Tengelmann wurde an Edeka verkauft. Der Besitzer Karl-Erivan Haub hatte das der Presse verkündet. Einige Beschäftigte werden per Mail informiert, viele gehen ahnungslos zur Arbeit, erzählt Janetta Jöckerwitz, die Gesamtbetriebsratsvorsitzende. "Andere haben es von Kunden erfahren. Eine Verfahrensweise, die absolut nicht geht."

Seitdem protestieren die Beschäftigten. Gerade hatten sie drei Jahre lang auf die Hälfte ihres Weihnachts- und Urlaubsgeldes verzichtet, damit das Unternehmen sich sanieren kann. Edeka vertrauen sie nicht, denn dort werden einzelne Filialen an Edeka-Händler übergeben. Das würde auch den Kaiser's-Filialen drohen. Jöckerwitz warnt: "Mit dieser Art von Privatisierung würden sich die Beschäftigungsverhältnisse gravierend ändern: weniger Geld für die Beschäftigten, die Mitbestimmungsstrukturen würden wegfallen." Tarifverträge und Betriebsräte würden abgeschafft.

Doch aus dem Deal wird vorerst nichts. Das Bundeskartellamt hat den Verkauf abgelehnt. Edeka würde durch die Übernahme von Kaiser's-Tengelmann regional einen zu großen Marktanteil erhalten. 16.000 Beschäftigte aus 451 Filialen fürchten nun um ihren Arbeitsplatz. "Die größte Angst besteht vor der Zerschlagung des Unternehmens", sagt Volker Bohne, der Betriebsratsvorsitzende. Bei einem kleinteiligen Verkauf würden Teile des Unternehmens - wie Fleischwerke und Lager - vermutlich geschlossen. "Dann bleiben von 16.000 Beschäftigten vielleicht noch 3000 oder 4000 übrig."

Tengelmann und Edeka wollen gegen den Entscheid des Kartellamts klagen und eine Sondergenehmigung bei Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, SPD, beantragen. Das können Unternehmen versuchen, wenn öffentliches Interesse an einer untersagten Fusion besteht. In diesem Fall könnte der Minister das Verbot aufheben.

Eine Insolvenz ist nicht zu befürchten, da die Unternehmensgruppe Tengelmann viele weitere Geschäftsfelder hat, zum Beispiel KiK und Obi. Doch die Dauer des Verfahrens und damit die Unsicherheit für die Beschäftigten könnte sich jahrelang hinziehen. ver.di fordert die Unternehmensleitung daher auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die Zukunft der Beschäftigten zu sichern.

Heike Stuckmann