Aktion in Berlin - laut und erfolgreich

Dass die Deutsche Bank die Aktienmehrheit an ihrer Tochter Postbank verkaufen wird, wurde Ende April bekannt. Nach der Ankündigung konnte der Tarifkonflikt, der seit Wochen Tausende von Postbankbeschäftigten zu Streiks auf die Straßen der Republik getrieben hatte, sehr schnell gelöst werden.

Zwei Tage nach der Verkaufsankündigung einigten sich ver.di und die Postbank in den zuvor von der Deutschen Bank blockierten Tarifverhandlungen. Danach soll der Kündigungsschutz für die rund 12 200 Beschäftigten bis Ende Juni 2017 verlängert werden. Die 9 500 Mitarbeiter/innen im Filialvertrieb sollen in zwei Schritten insgesamt 4,1 Prozent mehr Gehalt bekommen, die Azubis rückwirkend ab 1. April 50 Euro mehr pro Monat. "Das Ergebnis war nur wegen der außerordentlich hohen Streikbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen möglich", so Christoph Meister, der ver.di-Verhandlungsführer. Die ver.di-Tarifkommission empfiehlt den Mitgliedern jetzt die Annahme der Ergebnisse in der bis 15. Mai dauernden Urabstimmung.

Zäh hatten die Verhandlungen begonnen. Von den Arbeitgebern gab es lange Zeit kein Angebot und kein Einlenken. Die Beschäftigten starteten daraufhin bundesweit ihre Streiks. "Der 24. April war bereits der 38. Streiktag", sagt Gerd Tausendfreund, der in der ver.di-Bundesfachgruppe Bankgewerbe für die Postbank zuständig ist. "In dieser Zeit sind mehr als 700 Filialen bestreikt worden, es gab an jedem Standort Streiks - bis zu vier Tage am Stück."

94,8 Prozent der entscheidungsberechtigten ver.di-Mitglieder im Unternehmen hatten sich in einer Urabstimmung für einen unbefristeten Streik entschieden, der am 20. April mit einer Aktion von mehr als 500 Beschäftigten aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vor der ver.di-Bundesverwaltung in Berlin gestartet wurde. Zuvor hatte es bundesweit eine Vielzahl von Warnstreiks gegeben. "Die Stimmung war hervorragend", sagt Gerd Tausendfreund. Allen sei klar gewesen, dass die Streiks so lange dauern würden, bis der Arbeitgeber die Kündigungsschutzregelung unterschrieben hätte.

Seit der Privatisierung der Postbank vor über 20 Jahren gilt der Kündigungsschutz. Wegen der daraus resultierenden Arbeitsplatzsicherheit haben die Beschäftigten bisher auch die verschiedenen Veränderungen im früher bundeseigenen Unternehmen mitgetragen.

Cindy Schirmer, Betriebsrätin bei der Postbank Hamburg und Mitglied der ver.di-Tarifkommission, erlebte in der Hansestadt ebenfalls eine enorme Resonanz der Beschäftigten: "Den Kolleginnen und Kollegen war die Bedeutung unseres Arbeitskampfes klar. Neben unseren Tarifforderungen ging es darum, unser Unternehmen vor der Zerschlagung durch die Deutsche Bank zu bewahren."

Rabenmutter Deutsche Bank

Die "Rabenmutter" Deutsche Bank, wie es eine Kollegin bei der Aktion in Berlin auf ihr Transparent geschrieben hatte, war am 24. April Ziel eines weiteren Protests: Anlässlich der Aufsichtsratssitzung zogen Postbank-Beschäftigte aus allen Regionen vor die Konzernzentrale in Frankfurt/Main. Sie stellten klar, dass es für das größte deutsche Geldinstitut leicht wäre, ihre Forderungen zu erfüllen. "Es heißt aus der Deutschen Bank, sie müsse sparen. Doch in jüngster Vergangenheit war viel Geld da, etwa für die Kirch-Entschädigung oder die Strafe wegen des Libor-Skandals", sagt Gerd Tausendfreund. "Die Postbank-Beschäftigten, die mit ihrer Arbeit schwarze Zahlen erwirtschaften, sollen offenbar für Fehler geradestehen, die der Vorstand des Mutterkonzerns begangen hat." Doch die Deutsche Bank hatte sich in der Wahl ihres Gegners verkalkuliert; die Postbank-Beschäftigten sind in der Mehrzahl gewerkschaftlich organisiert und haben für ihre Forderungen bis zum Erfolg gestreikt.

Gudrun Giese