ver.di publik: Haben sich deine Ausbildungsbedingungen durch die Corona-Krise verändert?

DOMINIC: Man bemerkt natürlich einen Unterschied. Die Kolleginnen und Kollegen, die für meine Ausbildung oder Aufgaben verantwortlich sind, erreiche ich seit Beginn der Pandemie wesentlich schlechter, weil alle im Homeoffice sind. Die Termine im Unternehmen sind enger getaktet, für jede Kleinigkeit muss ich deshalb nun einen eigenen Termin einstellen. Das sorgt dafür, dass, wenn ich mal nicht weiterkomme, ich nicht einfach den Kollegen am Nachbartisch fragen kann, sondern darauf warten muss, dass man mir auf meine Mails antwortet oder ich einen Rückruf bekomme. Teilweise kommt es vor, dass ich dadurch ein bis zwei Stunden gar nichts machen kann, weil ich nicht weiterkomme. Ich finde auch, dass die Hemmschwelle höher ist, sich Wissens- oder Verständnisfragen während eines Video-Meetings erklären zu lassen. Was man in Präsenz mal schnell flüsternd macht, geht online schlechter. Allgemein wird wesentlich weniger erklärt.

Dominic_Lenz.jpg
Dominic LenzFoto: privat

ver.di publik: Hat dein Arbeitgeber dennoch angemessen auf die Corona-Krise reagiert?

DOMINIC: Ja, eigentlich schon. Das hängt aber damit zusammen, dass mein Arbeitgeber ein Softwareentwickler ist, in dem ohnehin jeder Mitarbeiter schon vor der Pandemie die Mittel hatte, um von Zuhause aus zu arbeiten. Wir wurden relativ früh zum mobilen Arbeiten nach Hause geschickt. Die Umstellung ging recht schnell und problemlos, weil eben die Infrastruktur schon dazu da war. Ich weiß aber von Mitschülern aus meiner Klasse, dass wir damit wohl eher die Ausnahme sind. Viele müssen jetzt noch ins Großraumbüro, bei einem Mitschüler haben sich sogar 18 Leute während einer Schicht angesteckt.

ver.di publik: Fühlst du dich trotz aller Corona-Einschränkungen gut begleitet in deiner Ausbildung, oder denkst du eher, du hast einiges nicht gelernt, was du aber gelernt haben müsstest?

DOMINIC: Durch die schlechtere Erreichbarkeit habe ich sicher auch weniger gelernt. Am meisten merke ich das beim Schulstoff. Nach der ersten Welle hatten wir zwei Monate lang einfach gar keinen Unterricht, da ist viel Stoff einfach ausgelassen worden. Ich habe das bei meiner Zwischenprüfung gemerkt, bei der einfach Themen drankamen, von denen wir noch nie gehört haben. Das hat sich auch im IHK*-Schnitt bemerkbar gemacht, der lag bei 53 von 100 Punkten. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob mein Arbeitgeber da besser hätte reagieren können, zumindest aber die IHK hätte mehr darauf eingehen können.

ver.di publik: Vermutlich geht es euch damit auch nicht besser als allen Schüler*innen, die seit Monaten weitestgehend Online-Unterricht haben.

DOMINIC: Jep. Es ist total frustrierend. Bei uns läuft es etwas besser, da wir in unseren IT-Klassen schon vor der Pandemie überwiegend digital gearbeitet haben. Das heißt zumindest die Arbeitsblätter waren schon einmal alle digital verfügbar. Aber es gibt einfach Dinge, die sich aufgrund des Lehrermangels oder fehlender Kohle nicht ausgleichen lassen. Der Unterricht insgesamt ist nicht fürs E-Learning strukturiert, einige aus meiner Klasse werden total abgehängt.

Interview: Petra Welzel

* IHK: Industrie- und Handelskammer