Der Landesbezirk Sachsen fusioniert mit Thüringen und Sachsen-Anhalt

Wolfgang Anschütz hat seit der Gründung von ver.di den Landesbezirk Sachsen geleitet

INTERVIEW: BIRGIT TRAGSDORF

ver.di PUBLIK | Kollege Anschütz, den eigenständigen Landesbezirk Sachsen gibt es bald nicht mehr. Die Fusion mit Sachsen-Anhalt und Thüringen steht bevor. Worauf blickst du zurück?

Anschütz | Ja, wir haben in Sachsen erfolgreich einen Landesbezirk aufgebaut. Ich bin zufrieden, wie es gelaufen ist mit dem Zusammenführen von fünf unterschiedlichen Gewerkschaften. Jede konnte ihre eigene Kultur erhalten und einbringen, ohne dass sich jemand verbiegen musste. Ja, es gab ein Spannungsfeld zwischen Bewährtem und neuen Strukturen. Dem haben wir uns gestellt und gemeinsam ver.di mit Leben erfüllt.

ver.di PUBLIK | Worin lagen die Schwerpunkte des Wirkens für die sächsischen ver.di-Mitglieder?

Anschütz | Eindeutig bei der Sicherung von Arbeitsplätzen für die Beschäftigten. Dafür haben wir auch Lohn- und Gehaltsabsenkungen in Kauf nehmen müssen. Die Arbeitsplatzsicherung ist gerade für die Menschen in den ostdeutschen Bundesländern das A und O. Das hat auch damit zu tun, dass Hartz IV die Menschen traumatisiert. Die Angst ist groß, bei längerer Arbeitslosigkeit einen sozialen Abstieg nicht mehr aufhalten zu können.

ver.di PUBLIK | Warum gehen wir nun diesen Weg der Fusion der Landesbezirke?

Anschütz | Es ist uns mit ver.di bisher nicht gelungen, eine Trendwende bei der Mitgliederentwicklung zu schaffen. Die Austritte bewegen sich zwischen fünf und sieben Prozent. Unsere Hoffnung, die Talsohle und eine Stabilität erreicht zu haben, hat sich bisher nicht erfüllt. Ein Schutzbedarf der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besteht und wird erwartet, aber auf die Mitgliederzahlen wirkt sich das nicht positiv aus.

Wir nutzen die Fusion, um uns über uns selbst und die Lage klar zu werden. Wir suchen neue Ansätze. In unserer Situation müssen wir sparen. Dies wird mit Bündelung von Kräften gehen, wir werden mehr in Projekten arbeiten.

ver.di PUBLIK | Was heißt das für die Mitglieder?

Anschütz | Die Landesleitung geht nach Leipzig. Für die Arbeit vor Ort gibt es keine Änderung, die Bezirke bleiben und arbeiten wie bisher und das mit dem Zusatz von Sekretären, die vom Landesbezirk in die Bezirke gehen. Wie sich die Zahl der Bezirke entwickelt, hängt, wie anderes auch, von der Mitgliederentwicklung ab.

ver.di PUBLIK | Du trittst für die neue Landesleitung nicht mehr an. Wie geht es für dich weiter?

Anschütz | Ich werde in den nächsten zwei Jahren meinen Arbeitsschwerpunkt bei der Projektarbeit sehen. Und da ist mir die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wichtig. Wir haben mit unseren EU-Projekten in den letzten Jahren gute Kontakte zu polnischen, tschechischen und österreichischen Kolleginnen und Kollegen aufgebaut. Gerade das gemeinsame Arbeiten mit Solidarnosc und dem CMKOS liegt mir am Herzen. Ich werde auch weiterhin für und mit dem Arbeiterausschuss wirken.

All die Schwierigkeiten um die Mitgliederentwicklung und die Stabilität in ver.di machen mir persönlich schon zu schaffen und ich hoffe und wünsche, dass es uns gelingt, Stabilität in unsere Arbeit bekommen.

ver.di PUBLIK | Vielen Dank für das Gespräch und ein großes Dankesschön für deine engagierte Arbeit als sächsischer Landesleiter, für ein überzeugendes Auftreten in Sachsen bei Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Interesse unserer Kolleginnen und Kollegen, der Gewerkschaften und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Glück und Gesundheit für dich und deine Familie.