Der Erzieher Rainer Baumgärtner hat zuerst in einer Weiterbildung gelernt, was alles zur Nachhaltigkeit gehört – und das dann mit Jugendlichen in einem Energiesparzimmer in die Praxis umgesetzt

Baumgärtner und die ausgezeichneten Energiesparer in Bamberg

Rainer Baumgärtner arbeitet bei den "Diabolos". Doch so gefährlich, wie der Name vermuten lässt, ist sein Job in der heilpädagogischen Wohngruppe des Bamberger Don Bosco Jugendwerks keineswegs. "Normalerweise helfe ich bei Hausaufgaben und betreue erlebnispädagogische Angebote wie den Kletter-Parcours", erklärt der Erzieher von verhaltensauffälligen Neun- bis 18-Jährigen. Im vergangenen Jahr stellten Baumgärtner und neun seiner "Diabolos" sich jedoch eine außergewöhnliche Aufgabe: Sie bauten ein Energiesparzimmer.

Baumgärtner hatte eine Weile zuvor die berufsbegleitende Weiterbildung "Umweltbildung/Bildung für eine nachhaltige Entwicklung" begonnen. Dort diskutierte er mit Leuten aus ganz unterschiedlichen Berufsgruppen, was der sperrige Begriff "Nachhaltigkeit" überhaupt bedeutet und wie sich entsprechendes Handeln im Alltag umsetzen lässt. Dabei geht es nicht nur um den schonenden Umgang mit Ressourcen. "Jeder wird ernst genommen und kann sein Wissen einbringen", beschreibt Baumgärtner die notwendige Grundhaltung.

Selbst etwas Konkretes gegen den Klimawandel tun

In der Praxisphase der Weiterbildung soll jeder Teilnehmer ein eigenes Projekt organisieren. Gemeinsam mit seinen Jugendlichen überlegte Baumgärtner, was das sein könnte. "Angeregt durch die Medien wollten die Jugendlichen etwas gegen den Klimawandel tun," berichtet der 45-Jährige. Einem Schüler schwebte der Bau einer Solarstromanlage vor, doch schließlich entschieden sich die sieben Jungen und zwei Mädchen für ein Energiesparzimmer.

Der ausgewählte Raum liegt in einem 200 Jahre alten, schlecht isolierten Gemäuer. Entsprechend ging es darum, Wärmedämmung und ein passendes Heizsystem einzubauen. Mit lokalen Handwerksfirmen planten die Jugendlichen den Umbau und machten sich zwei Mal pro Woche ans Werk: Sie schlugen Putz ab, rissen die Decke herunter, dämmten die Außenwände, verlegten Kabel und schliffen das Parkett. In einem Jahr wurde das Zimmer entkernt und nach Energiesparkriterien neu aufgebaut. Der Effekt lässt sich messen: Heute verbraucht der Raum 40 Prozent weniger Energie als vorher. Nach der Sanierung entschied dann das Los - ein Junge aus der Gruppe durfte einziehen.

Lernen auf vielen Ebenen

Mit der Arbeit haben einige Jugendliche auch ihr Sozialverhalten verbessert. "Ein 17-Jähriger flog oft aus Praktika, weil er nicht mit Kritik umgehen konnte", berichtet Baumgärtner. Beim Bau des Zimmers hatte er Steckdosen in die Wand eingegipst, und die Löcher dafür waren ihm schief geraten. "Wenn das mein Zimmer wird, will ich aber gerade Schalter und Steckdosen haben", maulte ein Zehnjähriger. "Also gut, hau ich sie nochmal raus", meinte der Ältere. "Die Kritik des Jungen hat ihn nicht persön- lich getroffen", erklärt der Erzieher. Auch außerhalb des Projektes kann der 17-Jährige inzwischen deutlich besser mit Einwänden umgehen. "Diese Entwicklung hätte er in einem Betrieb nicht geschafft", ist Baumgärtner überzeugt.

Das war erst der Anfang

Das Geld für den Umbau trieb der Erzieher zum größten Teil beim bayerischen Umweltministerium auf. Doch auch er selbst und sein Arbeitgeber beteiligten sich an den Kosten. Der Einsatz hat sich gelohnt. Die "Diabolos" bekamen für ihr Energiesparzimmer nicht nur den Jugendpreis der Stadt Bamberg. Sie planen inzwischen schon das nächste nachhaltige Projekt: den Einbau einer Solarstromanlage. Damit wollen sie den Strombedarf des Gruppenkühlschranks decken. Für ihren Wunsch nach einem zweiten nachhaltigen Energiesparzimmer fehlt indes noch das Geld.

Umweltthemen lebendig vermitteln

Die berufsbegleitende Weiterbildung "Umweltbildung/Bildung für nachhaltige Entwicklung" wurde von der Deutschen UNESCO-Kommission als vorbildliches Projekt ausgezeichnet. Die Teilnehmer lernen, Projekte der Umweltbildung professionell zu planen und zu verwirklichen, eine Zielgruppenanalyse zu erstellen und unterschiedliche Gruppen für das Thema zu sensibilisieren. Die Ökologische Akademie e.V., das Ökoprojekt - MobilSpiel e.V. und das Naturerlebniszentrum NEZ/Kreisjugendring München-Land bieten die Qualifizierung an.

Mitmachen können je 25 Teilnehmer, die in der außerschulischen Bildung oder Dorf- und Regionalentwicklung tätig sind oder aktiv werden wollen. Voraussetzung ist eine Berufsausbildung oder ein (Fach-)Hochschulabschluss. Die Weiterbildung kostet 2375 Euro pro Person und umfasst 35 Tage, die sich über eineinhalb Jahre in acht Blöcke gliedern.

www.naturerlebniszentrum.org