Ältere gehen ins Netz

In Dresden, Freiburg oder Kiel wohnen und gemeinsam lernen: Beim Projekt Senioren-Lernen-Online ist das Alltag. Die Inhalte der Kurse sind vielfältig

Senioren sind die Gruppe mit der höchsten Zuwachsrate bei der Nutzung des Internets. Ein knappes Drittel der Bevölkerung zwischen 60 und 79 Jahren surft inzwischen im Netz. Die meisten von ihnen beschränken sich allerdings darauf, Informationen abzurufen oder E-Mails zu schreiben.

Nicht so bei Senioren-Lernen-Online. Hier treffen sich Rentnerinnen und Rentner regelmäßig im virtuellen Klassenzimmer. Heute hält eine Dozentin einen Vortrag über ihre Reise nach Dubai. Sie sitzt in Dresden an ihrem Computer, die Kursteilnehmer/innen irgendwo in Deutschland - oder sonstwo auf der Welt. Alle haben es sich vor ihren Rechnern gemütlich gemacht und einen Kopfhörer mit Mikrofon über die Ohren geklemmt: So bekommen alle mit, wenn einer von ihnen etwas sagt, und zugleich kann sich jeder ins Gespräch einmischen. Die Fotos, die die Dozentin nun auf ihren Bildschirm holt, sind fast zeitgleich auch auf den Computern der Teilnehmer/innen zu sehen. Während sie über das arabische Emirat erzählt, können die virtuell Anwesenden Fragen stellen oder Anmerkungen machen - genau so, als ob alle zusammen in einem Raum säßen.

Die Voraussetzungen, um bei Senioren-Lernen-Online mitmachen zu können, sind nicht schwierig zu erfüllen. Man braucht nicht mehr als einen Computer mit DSL-Internetverbindung und ein Headset - einen Kopfhörer mit Mikrofon. Wer sich per E-Mail bei den Organisatoren meldet, bekommt genaue Hinweise, wie es dann weitergeht - bei Bedarf in sehr detaillierten Schritten. Zuerst muss man die kostenlosen Programme Skype und Mikogo aus dem Internet herunterladen. Dann kann man sich sofort für einen Kurs anmelden - und die Seminarleitung wird sich zur angegebenen Stunde bei den Teilnehmenden über Kopfhörer melden.

Wer einen Kurs anbieten will, ist hochwillkommen

Immer häufiger übernehmen die Initiatoren des Projekts nur noch die Rolle von Moderatoren. So läuft zum Beispiel zur Zeit eine Hörspielwerkstatt, bei der eine Gruppe gemeinsam an einer halbstündigen Sendung zum Thema ältere Menschen und Computer arbeitet. Auch ein Seminar zum kreativen Schreiben hat schon stattgefunden. Ein Schwerpunkt sind nach wie vor technische Themen wie digitale Bildbearbeitung oder die Erstellung von Podcasts. Doch auch Vorträge über gesunde Ernährung oder Kunst sind hier zu finden. Wer selbst einen Kurs anbieten möchte, ist hochwillkommen. "Wenn sie es möchten, trainieren wir die Leute vorher. Denn für viele ist es ja erst einmal ungewohnt, gegen die Wand zu reden", sagt Uta Krope.

Die pensionierte Lehrerin hat das Projekt vor sieben Jahren mit drei Gleichgesinnten aufgebaut. Etwa 200 Teilnehmer/innen melden sich im Jahr. Senioren-Lernen-Online hat vor kurzem nicht nur den dritten Platz des Wettbewerbs "Wege ins Netz" im Bereich Bildung und Kultur erhalten. Die Initiatoren treffen sich auch regelmäßig im Rahmen eines EU-Projekts mit Betreibern ähnlicher Seiten aus verschiedenen Ländern. Allerdings sind die anderen, die Senioren den Weg ins Internet eröffnen wollen, alle eher jung. "Viele von ihnen glauben, es müsse eine spezielle Pädagogik für Alte geben", amüsiert sich die 67-jährige Uta Krope. Dabei sei Lernen ja in jedem Fall ein individueller Prozess, und die Lehrenden sollten sich auf die Bedürfnisse und Erfahrungen der Lernenden einstellen - egal wie jung oder alt.

Bis zum Jahreswechsel sind alle Angebote bei Senioren-Lernen-Online gratis zu nutzen, danach kostet die Mitgliedschaft im Vierteljahr 10 Euro.

Annette Jensen

www.senioren-lernen-online.de