Trotz fallender Energiepreise müssen die Haushalte mit bis zu 30 Prozent höheren Abrechnungen rechnen

Im Hochsommer dieses Jahres wurde schon mal ordentlich eingeheizt. Der Ölpreis war in die Höhe geschnellt, zu einer Zeit, wo viele Vermieter/innen ihre leeren Tanks wieder auffüllen. "Es droht der erste Winter seit langem zu werden, in dem Zehntausende Deutsche frieren müssen", warnte Michael Sommer, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in der BILD am Sonntag und appellierte: "Frieren ist genauso schlimm wie hungern. Das kann keine Regierung hinnehmen." Sommer forderte gestaffelte Sozialtarife, nach denen alle Haushalte zu einem günstigen Preis ihren Grundbedarf decken könnten. Was darüber hinaus verbraucht werde, sollten die Versorger entsprechend in Rechnung stellen. "Das gäbe einen starken Anreiz zum Sparen", erklärte Sommer.

Gregor Gysi von der Linkspartei verlangte am selben Tag im Berliner Tagesspiegel ebenfalls Sozialtarife und die Aufstockung der Hartz-IV-Regelsätze. "Damit wir in Deutschland keine Kältetoten bekommen", begründete der Linke seine Forderungen und unterstrich: "Diese Gefahr besteht tatsächlich."

Der Wollpullover

In der Rheinischen Post entgegnete Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) nur zwei Tage später zur heißesten Zeit: "Wenn die Energiekosten so hoch sind wie die Mieten, werden sich die Menschen überlegen, ob sie mit einem dicken Pullover nicht auch bei 15 oder 16 Grad Zimmertemperatur vernünftig leben können." Sarrazins Vorschlag machte im Land die Runde und heute, knapp ein halbes Jahr später, wo der Winter hereingebrochen ist, scheint er für viele Menschen die letzte Alternative zu sein, bei den Heizkosten zu sparen.

Nach Auskunft des Deutschen Mieterbundes (DMB) werden sich im Kalenderjahr 2008 die Heizkosten um 20 bis 30 Prozent erhöhen. Nachdem diese Kosten bereits im Vorjahr im Schnitt um 20 Prozent gestiegen sind, müssen die Verbraucher/innen innerhalb von zwei Jahren mit rund 50 Prozent mehr Kohle im übertragenen Sinn einheizen. Haushalte mit Ölheizungen müssen mit hohen Abrechnungen rechnen, wenn der Vermieter im Sommer das Heizöl bezogen hat. Tankt er erst jetzt auf, nachdem die Ölpreise - in diesem Fall dank der Finanzkrise - wieder deutlich gefallen sind, dürfte die Heizkostenabrechnung nicht explodieren. Wer mit Gas heizt, muss in jedem Fall mit einer hohen Nachzahlung rechnen. Die rund 600 Gasanbieter haben erst fürs Frühjahr 2009 eine Senkung ihrer Preise angekündigt. Nach der Heizperiode.

Immerhin von politischer Seite können die Menschen in ihren Wohnungen mit ein wenig Entlastung rechnen. Nachdem bereits 2001 schon einmal Heizkostenzuschüsse für einkommensschwache Haushalte gewährt wurden, ruht jetzt zwar die Forderung der Gewerkschaften, der Linkspartei, Teilen der SPD und einiger Sozialverbände nach wie auch immer gestalteten Sozialtarifen. Ulrich Ropertz, Pressesprecher des DMB, sagt: "Das Anliegen wurde bisher einfach nicht ernsthaft betrieben, und der Staat tut sich auch schwer, den Versorgern Preise vorzuschreiben." Doch werden auf Betreiben des DMB erstmalig mit der am 1. Januar 2009 in Kraft tretenden Wohngelderhöhung Heizkosten in die zu berücksichtigende Miete eingerechnet. Voraussichtlich werden das bei einem Ein-Personen-Haushalt rund 48 Euro, bei einem Zwei-Personen-Haushalt 62 Euro und bei einem Drei-Personen-Haushalt 74 Euro sein. Außerdem werden Wohngeldempfänger/innen im Frühjahr eine rückwirkende Pauschale für die Monate Oktober bis Dezember 2008 von etwa 100 bis 150 Euro erhalten.

Rückwirkend erhält auch ein Drittel der Gaskunden eine Gutschrift von rund 50 Euro für die Jahre 2007 und 2008. Das Bundeskartellamt hatte mit einem Missbrauchsverfahren wegen überhöhter Preise Druck auf 29 führende Gasversorger gemacht.

Bewährte Methoden

Auch wenn sich so fürs kommende Jahr etwas Entspannung für besonders bedürftige Haushalte ankündigt, werden saftige Nachzahlungen auf die Mieter/innen zukommen. Für eine 90 Quadratmeter große Wohnung kann sich das auf 250 bis 300 Euro summieren. Wer also in der jetzigen Heizperiode Kosten sparen will und muss, dem bleiben vorerst nur die bewährten Methoden: Räume nicht überheizen. Laut Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Umwelt haben sich folgende Werte tagsüber als gesund und ausreichend erwiesen: Wohnzimmer 21 Grad, Ess- und Kinderzimmer 20 Grad, Küche und Schlafzimmer 18 Grad, Badezimmer 23 Grad und Flur 15 Grad. Statt stundenlang mit gekippten Fenstern zu lüften, spart sich Energie besser durch 10- bis 20-minütiges Stoßlüften am Morgen und Abend bei runter gedrehten Heizungen. Das Abdichten von Fenstern und Türen mit Folien oder abschließenden Vorhängen kann ebenfalls viel Energie sparen.

Und übrigens: "Bei Zimmertemperaturen von 15 bis 16 Grad Celsius wird die Grenze zur Gesundheitsgefährdung überschritten", erklärte schon im Sommer Lukas Siebenkötten, stellvertretender Bundesdirektor des DMB, in einer Stellungnahme zu Thilo Sarrazins Aufruf, mit dickem Pulli ließe es sich bei 16 Grad überleben. Doch da hat der Berliner Finanzsenator eine gefährliche Rechnung aufgemacht. Tatsächlich drohen durch Temperaturen um 16 Grad Feuchtigkeitsschäden und Schimmelpilze. Mieter/innen müssen dann sogar mit Schadensersatzforderungen ihrer Vermieter/innen rechnen.

Checken Sie Ihren Verbrauch

Der Deutsche Mieterbund bietet auf seiner Internetseite www.mieterbund.de unter der Rubrik "Service" einen kostenlosen Heizkostencheck an. Mieter/innen können dort ihre Heizkostenabrechnung überprüfen und mit Durchschnittsverbräuchen und -kosten aus ihrer Region vergleichen. Zudem werden individuelle Tipps zu Modernisierungs- und Kosteneinsparmöglichkeiten gegeben. Gerade Modernisierungen rechnen sich für Mieter/in und Vermieter/in.

Generell gilt: Die Heizkosten eines Mehrfamilienhauses sind bei einer zentralen Heizungsanlage vom Vermieter verbrauchsabhängig abzurechnen. Rechnet der Vermieter pauschal ab, so kann der Mieter den Kostenanteil um 15 Prozent kürzen.