100 Euro sollen Kinder von Erwerbslosen und Geringverdiener/innen pro Jahr für Schulmaterial bekommen - aber nur bis zum 10. Schuljahr. Das anhaltende Gezerre um ein Hilfspäckchen

Bildung für alle wäre schön

Von Maria Kniesburges

Während die Bundesregierung in rasanter Geschwindigkeit Milliarden schwere Hilfspakete für die maroden Banken schnürt, gibt es um ein anderes Paket, besser gesagt Päckchen, anhaltendes Gezerre: um das so genannte Schulbedarfspaket. Kinder aus Familien, die Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe beziehen müssen, sollen daraus jeweils zum Schuljahresbeginn 100 Euro für Schulartikel erhalten. Allerdings laut dem derzeit vorliegenden Gesetzentwurf nur bis zur 10. Klasse und nicht etwa bis zum 13. Schuljahr, in dem das Abitur erreicht werden kann. Noch aber besteht die Chance, das Päckchen wenigstens in diesem Punkt nachzubessern. Der Reihe nach.

Nicht Eltern, die Regierung spart an der Kinderbildung

Anfang Oktober einigten sich die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD im Koalitionsausschuss auf das Familienleistungsgesetz, in dem insbesondere die Erhöhung des steuerlichen Kinderfreibetrags und des Kindergeldes und neuerdings auch das Schulbedarfspaket bis zur 10. Klasse vorgesehen sind. Gefeiert wurde das als familien- und bildungspolitischer Durchbruch. Unter der Überschrift "Kinder sind unsere Zukunft" ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wissen: "Wir wollen nicht, dass Eltern aus wirtschaftlichen Gründen an der Bildung ihrer Kinder sparen müssen. Deshalb haben wir ein Schulbedarfspaket entwickelt. Das wird es vielen Eltern leichter machen, ihre Kinder gut in das Schuljahr starten zu lassen." Und die SPD-Fraktion ließ wissen, dass das soeben beschlossene Schulpaket ganz ihr Verdienst sei, das sie dem Koalitionspartner habe abringen müssen: "Auch mit dieser Forderung haben wir uns durchgesetzt."

Doch lange währte diese Freude nicht, es setzte Kritik von Sozial- und Familienverbänden und auch von den Gewerkschaften. Aus dem Bereich Erwerbslose/Arbeitsmarktpolitik beim ver.di-Bundesvorstand hieß es: "Abitur? Studium? Kinder aus kinderreichen Familien mit Durchschnittslöhnen, Kinder von Geringverdiener/innen und Aufstocker/innen sowie Kinder von Erwerbslosen sollen wohl in der Oberstufe und im Studium unverändert selten angetroffen werden." Und angesichts der weitaus zu niedrigen Hartz IV-Regelsätze sei die Gewährung von einmal 100 Euro im Jahr, umgerechnet 8,33 Euro monatlich, nicht annähernd ausreichend. Das solle wohl ein dürftiger Ersatz dafür sein, so ver.di, dass Kinder von Hartz IV-Empfänger/innen von der gleichzeitig beschlossenen Erhöhung des Kindergeldes gar nichts bekommen, denn das Kindergeld wird auf das Arbeitslosengeld II angerechnet (siehe Bericht Seite 10).

Und auch der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband hält wie andere Verbände die 100 Euro jährlich für zu wenig: "Diese Einmalzahlungen reichen nicht aus, um den regelmäßigen schulbedingten Bedarf von Kindern und Jugendlichen zu decken. Diese Bedarfe müssen im Regelsatz für Kinder und Jugendliche berücksichtigt werden."

Jetzt wird bei nächster Gelegenheit gehandelt

Zumindest in einem Punkt macht sich die SPD nun für Nachbesserung stark. "Aus Sicht der SPD ist es sehr bedauerlich, dass die CDU/CSU sich einer Ausweitung des Schulbedarfspakets bis zum Ende der Schulzeit verschlossen hat und auf einer Begrenzung bis zur 10. Klasse beharrt. Die SPD wird sich aber dafür einsetzen, dass eine Gewährung bis zum Abitur bei nächster Gelegenheit umgesetzt wird", hieß es in einer Mitteilung der SPD-Bundestagsfraktion Anfang Dezember. Am Tag darauf wurde das Gesetz unverändert im Bundestag beschlossen. Dazu wiederum verbreitet die SPD-Fraktion: "Trotz mehrerer Anläufe ist es leider nicht gelungen, die Union zu einer Zustimmung zu einem Schulbedarfspaket bis zum Abitur zu bewegen."

Man setzte auf den Bundesrat, denn das Gesetz ist zustimmungspflichtig. Und jener hatte zuvor bereits eine Gewährung der Schulbeihilfe bis zur 13. Klasse empfohlen, ebenso wie die Konferenz der Arbeits- und Sozialminister. Der Bundesrat nun überwies das Gesetz an den Vermittlungsausschuss, einem Gremium aus Vertretern des Bundestages und des Bundesrates. Dort soll am 17. Dezember womöglich abschließend entschieden werden. Soweit ein Zwischenbericht aus der "Bildungsrepublik Deutschland".