Der Gesundheitsfonds nimmt am 1. Januar seine Arbeit auf. Doch was wird er für die Gesundheitsversorgung in Deutschland bringen?

Eine teure Kassenleistung: Computertomografie, kurz CT

von Uta von Schrenk

Wie funktioniert er? Ab dem 1. Januar 2009 zahlen alle gesetzlich Versicherten einen einheitlichen Beitrag von 15,5 Prozent in den Gesundheitsfonds. Dieser Beitrag wird von der Bundesregierung festgelegt. Zusätzlich werden in den Fonds auch Steuergelder eingespeist - im nächsten Jahr sind das vier Milliarden Euro. Der Steueranteil wird mit der Zeit steigen - im Jahr 2015 soll er 14 Milliarden betragen.

Der Gesundheitsfonds verteilt diese Gelder an die Krankenkassen. Für jeden Versicherten gibt es künftig den gleichen Betrag, zudem gibt es einen Risikoaufschlag für schwere Krankheiten. Dieses Verteilungsverfahren nennt sich "morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich".

Was soll er leisten? Nach der Vorstellung von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) soll der Gesundheitsfonds mit seinem Einheitsbeitrag den Wettbewerb der Krankenkassen auf mehr Qualität in der Versorgung lenken und zugleich für einen finanziellen Ausgleich zwischen den Kassen sorgen. Das Bundesgesundheitsministerium wirbt für den Fonds: "Die Kasse mit mehr kranken Mitgliedern bekommt mehr Geld als die mit den jungen gesunden Versicherten. Der Fonds sorgt für Fairness."

Was wird er den Versicherten bringen? Für viele wird es teurer. Kommt eine Kasse mit dem Einheitsbeitrag nicht aus, kann sie Zusatzbeiträge von ihren Versicherten verlangen - bis zu einem Prozent des beitragspflichtigen Einkommens. Umgekehrt können Kassen aber an ihre Versicherten auch Prämien ausschütten.

Um Zusatzbeiträge und damit die Abwanderung von Versicherten nach Möglichkeit zu vermeiden, werden Kassen mit einer ungünstigen Versichertenstruktur zunächst an den Leistungen sparen. Eine schlechtere Versorgung ist die Folge. Darüber hinaus: Die Beiträge sollen künftig erst erhöht werden, wenn zwei Jahre hintereinander weniger als 95 Prozent der Kassenausgaben aus dem Fonds gedeckt werden können.

Unzumutbar, sagt Klaus Kirschner (SPD), langjähriger Vorsitzender des Gesundheitsausschusses des Bundestags. "Der Bundestag muss das Gesetz spätestens nach der Wahl, besser noch 2009, dahingehend ändern, dass der Fonds stets 100 Prozent der Ausgaben deckt. Sonst werden die Krankenkassen Schritt für Schritt in den Zusatzbeitrag gedrängt. Und diesen bezahlen die Versicherten ohne Beteiligung der Arbeitgeber allein."

Was sind die Folgen für die Krankenkassen? Die Fusionitis ist bereits ausgebrochen. Im Frühjahr gingen die Handelskrankenkasse (HKK) und die Innungskrankenkasse (IKK) Weser-Ems zusammen, zum 1. Juli die Gmünder Ersatzkasse und die ehemals Hamburgische Zimmererkrankenkasse (HZK), zum Jahresbeginn 2009 folgen die Techniker Krankenkasse und die IKK-Direkt, gefolgt von der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) und der Betriebskrankenkasse (BKK) der Allianz. Der AOK-Bundesverband spricht bereits über mögliche Fusionen der Allgemeinen Ortskrankenkassen mit anderen Kassen.

Isolde Kunkel-Weber, im Bundesvorstand von ver.di für den Fachbereich Sozialversicherung zuständig, prognostiziert, in wenigen Wochen werde es unter 200 Kassen geben. "Wir werden mit den betroffenen Beschäftigten zusammen versuchen, die Fusionsprozesse so zu gestalten, dass es keinen Tarifabbau und keine Entlassungen geben wird." Nach einer Neuregelung können alle gesetzlichen Krankenkassen ab 2010 insolvent werden. Dies war früher gesetzlich ausgeschlossen. "Insolvenzen darf es nicht geben", sagt Kunkel-Weber, "hier sind die Vorstände und Verwaltungsräte gefordert, rechtzeitig im Interesse der Beschäftigten und der Versicherten andere Lösungen zu entwickeln."

Was sind seine Schwächen? Zur Finanzierung des Gesundheitsfonds wurde auf die Beiträge der zumeist gut situierten Privatversicherten verzichtet. Wer mehr als 4012,50 Euro im Monat verdient, kann sich aus der gesetzlichen Versicherung verabschieden. Zudem sind die Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung ab einem Gehalt von 3600 Euro im Monat gedeckelt. Und: Der Arbeitgeberanteil wurde faktisch bei 7,3 Prozent eingefroren. Schon jetzt zahlen die Versicherten 0,9 Prozent des Kassenbeitrages allein und damit insgesamt 8,2 Prozent. Auch für einen eventuellen Zusatzbeitrag kommen die Versicherten dann allein auf.

Die Crux: Die Bundesregierung hat sich nicht an das Finanzierungsproblem der Gesundheitsleistungen herangetraut - das Ergebnis ist der Fonds. ver.di fordert hier eine echte Reform und setzt dabei auf mehr Gerechtigkeit und Solidarität. "Wir brauchen die Bürger/innenversicherung", sagt Herbert Weisbrod-Frey, Bereichsleiter Gesundheitspolitik beim ver.di-Bundesvorstand. "Alle sollen nach ihren Möglichkeiten zur Finanzierung beitragen und die Arbeitgeber sollen in der Kostenverantwortung bleiben." Und die Beitragsbelastung der Erwerbseinkommen könne reduziert werden, wenn endlich auch Kapitaleinkünfte in die Finanzierung einbezogen würden.

http://gesundheitspolitik.verdi.de