Lockere Werbung, handfeste Skandale: H&M

von Andreas Hamann

Bei der Modekette H&M duzt man sich. Die Chefs heißen Thorsten, Sven oder Nina. Doch das Unternehmensklima wird von Umgangsformen bestimmt, die wenig familiär und gar nicht freundlich sind. Ständig löst die Geschäftsführung Konflikte mit den Beschäftigten und ihren Interessenvertretungen aus.

Überwachung per Telefon

Ende März musste die Deutschland-Zentrale von H&M eine herbe juristische Niederlage einstecken, nachdem Betriebsräte aus mehreren Filialen die Möglichkeit einer akustischen Raumüberwachung per Telefonanlage nachgewiesen hatten. "Das sorgte für heftigen Ärger", sagt H&M-Experte Johann Rösch von der ver.di-Bundesverwaltung. Aus gutem Grund. Die Geschäftsführung verstieß damit eindeutig gegen eine Gesamtbetriebsvereinbarung. Auf Antrag des Gesamtbetriebrates erließen die Richter am Hamburger Arbeitsgericht jetzt eine einstweilige Verfügung: Die Modekette muss bundesweit die telefonischen Funktionstasten deaktivieren, die auch das Abhören der Betriebsratsbüros möglich machen. H&M selbst dementierte, jemals Beschäftige oder Betriebsräte abgehört zu haben.

"Wir können ein Abhören nicht beweisen, aber auch nicht ausschließen", sagt Johann Rösch. Besonders dreist sei es, dass H&M jetzt den Betriebsräten, die das Ganze aufgedeckt haben, falsche eidesstattliche Versicherungen unterstelle. Dieses Vorgehen entspreche leider der Unternehmenskultur.

Guter Tipp von ver.di

"Anstatt das eigene Fehlverhalten zu korrigieren, wirft die Geschäftsführung uns vor, Dinge aufzubauschen und Skandale zu erfinden", bilanziert der ver.di-Sekretär. "Doch wir haben einen heißen Tipp für sie: die Missstände sofort abschaffen und die soziale Kompetenz der Führungskräfte schulen. Dann entsteht ein echtes soziales Image daraus, an dem alle interessiert sind."

In der Vergangenheit hat die deutsche H&M-Zentrale immer wieder für Konfrontation gesorgt. So bot ein Strategiepapier des Arbeitgebers zur Beeinflussung der Betriebsratswahlen im Jahre 2010 Anlass zur Kritik. Die darin beschriebene illegale Suche nach "geeigneten" Kandidaten musste ausfallen, als das Dokument öffentlich wurde. Das gilt auch für den missbräuchlichen Einsatz von Leiharbeiter/innen und befristeten Arbeitsverträgen.

Nur wenige Tage alt ist die Nachricht, dass H&M Streikbrecher für die aktuelle Tarifauseinandersetzung anwirbt. Mitarbeiter/innen einer Hamburger Filiale sind aufgefordert worden, sich ab der 14. Kalenderwoche für einen Einsatz in Süddeutschland bereitzuhalten. "Dieses Verhalten ist für uns völlig unakzeptabel", sagt Johann Rösch.