Die Bücher von C. H. Beck verbreiten Recht und Gesetz

Von Theresa Stetter

Es beginnt mit einem Gerangel um das Saalmikrofon. Die Geschäftsleitung der Druckerei C.H. Beck will auf der Betriebsversammlung jederzeit dazwischenfunken können. Der Betriebsratsvorsitzende Werner Wittal verhindert das und bittet Verleger Hans Dieter Beck und seine Leute um "gesittetes Benehmen". Die Nerven liegen blank in Nördlingen, seit Deutschlands fünftgrößter Fachverlag nur noch Mitglied ohne Tarifbindung im Bundesverband Druck und Medien ist und die 390 Beschäftigten in Satz, Druck und Buchbinderei mit miesen Einzelverträgen abgespeist werden sollen. Und das in einem Betrieb mit vielen Gewerkschaftsmitgliedern und einer traditionell aktiven Belegschaft.

Die Betriebsversammlung am 8. Juni ist eine Kraftprobe: Haben der Verleger und sein Unternehmensberater Michael Apenberg nach fünf Wochen gewonnen, weil 83 Prozent der Belegschaft die schlechten Konditionen unterschrieben haben? Oder hat der Arbeitgeber nur einen Etappensieg errungen, zum Preis zerstörter Loyalität und gesunkener Motivation der Beschäftigten? Die Einzelverträge legen eine unbezahlte Verlängerung der Arbeitszeit fest, weniger Jahresleistung und Urlaubsgeld. Gestrichen sind Essengeld und Freischichten. Dafür verzichtet Beck auf betriebsbedingte Kündigungen bis 2013, aber nur, wenn der Betriebsrat die weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit mitträgt.

Eine tiefe Kluft

In einem Leserbrief an die Rieser Nachrichten hat der Betriebsratsvorsitzende beschrieben, wie die Geschäftsleitung sich die hohe Zustimmung sicherte: "Am 4. Mai wurde ein Tsunami an Einschüchterungen entfesselt, gegen den die Belegschaft letztlich keine Chance hatte... Weinende Kolleginnen, Kollegen, die sich nach dem Gespräch übergeben mussten oder nach der Unterschriftsleistung mit den Nerven so am Ende waren, dass sie sofort den Arzt aufsuchen mussten, waren symptomatisch für die Situation."

Auf der Betriebsversammlung demonstrieren leere Sitzreihen zwischen der Belegschaft hinten und der Geschäftsleitung vorn die Kluft. Hohngelächter erntet Verleger Beck, als er vom "harmlosen Verzicht von ungefähr fünf Prozent" spricht, den die Beschäftigten nun leisten würden. Er sei "entsetzt" über die Erpressungsvorwürfe von Betriebsrat und Gewerkschaft, ruft der Verleger: "Wir haben nur gesagt, wenn wir die Unterschriften nicht bekommen, gibt es Entlassungen. Das ist keine Drohung, sondern eine Reaktion auf wirtschaftliche Realitäten." Da klatscht niemand. Bravorufe und Applaus branden auf, als ver.di-Sekretär Rudi Kleiber kontert: "Ich bin entsetzt, dass es so weit gekommen ist." Der Betriebsratsvorsitzende gibt nicht auf: "Ich hoffe, dass sich die Belegschaft auf ihre Kraft besinnt und ein neuer Anlauf zur Wiederherstellung des Tarifvertrags gelingt."

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