Sylke Hustan ist seit zehn Jahren Gewerkschaftssekretärin bei ver.di in Sachsen, doch so etwas wie den diesjährigen Streik an fünf Edeka-Lagerstandorten in Sachsen (Borna und Hof/Staucha) und Nordbayern (Marktredwitz, Gochsheim und Sachsen bei Ansbach) hat sie noch nicht erlebt. "Rund um die Uhr von Montag bis Freitag waren die Beschäftigten dabei - und fest entschlossen, den Arbeitgeber zu Lohnerhöhungen zu bewegen."

Am Ende hatte ihr Durchhaltevermögen Erfolg. Drei Prozent mehr Lohn und Gehalt plus 15 Euro monatlich haben sie mit ihren Streiks im Mai herausgeholt. "Damit haben wir entscheidenden Einfluss auf die Tarifverhandlungen im Groß- und Außenhandel genommen", sagt Wolfgang Stark, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen. "Und wir haben einen guten Abschluss. Die mindestens drei Prozent werden rückwirkend ab 1. April gezahlt. Außerdem erhalten alle dauerhaft monatlich 15 Euro mehr."

Ein Blick zurück

"Vor ein paar Jahren hatten die Beschäftigten und die Betriebsräte der verschiedenen Edeka-Standorte nicht viel miteinander zu tun", erinnert sich Horst Margner, ver.di-Handelssekretär in Bayreuth. "Doch der Druck durch den Arbeitgeber wurde immer stärker; Stammbelegschaften sollten durch Leiharbeiter ersetzt und Arbeitsbedingungen verschlechtert werden." In dieser Situation rückten die Betriebsräte enger zusammen, lernten sich besser kennen und planten erste gemeinsame Aktionen. Auch in der zurückliegenden Tarifrunde wurde schon erfolgreich gestreikt. "Dank des Zusammenhalts konnten wir 2010 einen Sozialtarifvertrag gemeinsam durchsetzen", sagt Stefan Kraft vom Fachbereich Handel in Bayern.

Wolfgang Stark, der am nordbayerischen Standort Marktredwitz arbeitet, hat die Entschlossenheit seiner Kolleg/innen in diesem Frühjahr aus nächster Nähe erlebt: "Wir ziehen das durch - das war der allgemeine Tenor. Alle wussten, dass es um mehr Geld ging. Da hat sich niemand beirren lassen." An allen Streikstandorten hat ver.di während der Tarifauseinandersetzung neue Mitglieder gewonnen, allein in Marktredwitz waren es um die 70.

Selbst als die Edeka-Geschäftsleitung mit Auftragsverlagerungen drohte und mit einer einstweiligen Verfügung gegen die Streiks in Sachsen vorgehen wollte, ließen sich die Frauen und Männer nicht von ihren Zielen abbringen. "Edeka hat in den zurückliegenden Jahren fast alle sozialen Vergünstigungen abgebaut und die Arbeitsbedingungen weiter verschlechtert", sagt Sylke Hustan. "Da lässt sich kaum jemand durch Drohungen abschrecken." Das Arbeitsgericht Leipzig wies die Klage auf eine Einstweilige Verfügung letztlich ab, der Arbeitgeber nahm die Verhandlungen wieder auf. Am 3. Juni wurde der Tarifvertrag unterschrieben. gg