"Es geht um ihre Aufwertung"

Onno Dannenberg

ver.di publik –Was ist das Besondere an den Verhandlungen für den Sozial- und Erziehungsdienst?

Onno Dannenberg – Es geht um die Aufwertung der Arbeit in Kitas, Jugendämtern, Sozialen Diensten, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und allen anderen Einrichtungen des Sozial- und Erziehungsdienstes. Das wollen wir mit einer Neuregelung der Eingruppierung für die Kolleginnen und Kollegen erreichen, die ihnen im Schnitt zehn Prozent mehr Einkommen bringen würde. ver.di will den Beschäftigten in diesen Berufen endlich mehr Anerkennung verschaffen und damit auch typische Frauentätigkeiten aufwerten. Etwas Besonderes ist auch, dass wir anders als bei den bisherigen Verhandlungen über eine Entgeltordnung die Möglichkeit haben, unserer Forderung mit Arbeitskämpfen Nachdruck zu verleihen.

ver.di publik – Wie sehen das die Beschäftigten?

Dannenberg – Es sind vor allem Frauen, die in diesem Bereich arbeiten. Die meisten identifizieren sich - wie ihre männlichen Kollegen - sehr stark mit ihrer Arbeit. Trotzdem schauen sie auch sehr kritisch auf ihre Arbeitsbedingungen und sind bereit, sich mit öffentlich spürbaren Aktionen für eine Verbesserung ihrer Situation einzusetzen.

ver.di publik – Wer verhandelt für sie?

Dannenberg – ver.di hat eine spezielle Verhandlungskommission mit Fachleuten aus dem Bereich gebildet. Mit den Arbeitgebern haben wir vereinbart, dass auf jeder Seite elf Personen verhandeln werden. Schon die Zahl zeigt die Bedeutung dieser Verhandlungen. Es fällt allerdings auf, dass uns auf der Gegenseite ausschließlich Verbandsvertreter gegenübersitzen; keine Erzieherin, kein Sozialarbeiter ist dabei.

ver.di publik – Wie ist die erste Begegnung verlaufen?

Dannenberg – Es begann damit, dass wir unsere Forderungen mit der gesellschaftlichen Bedeutung der Arbeit in diesem Bereich begründet haben, mit der hohen Verantwortung, die die Beschäftigten tragen, und den hohen fachlichen Ansprüchen, die an sie gestellt werden. Wir haben auch die Aufwertung von Frauenberufen betont und den Fakt, dass gerade die Beschäftigten in diesem Bereich eine Einkommensverbesserung brauchen, weil ihnen oft nur Teilzeitverträge angeboten werden.

ver.di publik – Und das Echo?

Dannenberg – Die Arbeitgeber erklärten, sie teilten unsere Bewertung der Arbeit der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst. Sie hielten sie wie wir für unverzichtbar. Nur: Das sei doch kein Grund für eine höhere Bezahlung! Unsere Forderungen seien" exorbitant". Den von uns beschriebenen Mangel an Nachwuchs, etwa in Kitas, stritten sie ab. Wenn man mehr junge Leute gewinnen wolle, so ihre Argumentation, die uns dann doch verblüfft hat, müsse man eben die Ausbildung verkürzen. Teilzeitarbeit sei nicht ihr Thema, die Frage interessiere sie nicht, sie könnten nichts dafür, wenn Kolleginnen mit ihrer Arbeitszeit unzufrieden seien. Ein Drittel sei ja zufrieden. Und unser Forderungspapier müssten sie erst beraten.

ver.di publik – Obwohl es ihnen seit über einer Woche vorlag?

Dannenberg – Ja. Wer Arbeitgeber erwartet hat, die sich ernsthaft mit unseren Argumenten auseinandersetzen und an der Sache interessiert sind, wurde enttäuscht. Sie sahen uns offenbar als Angreifer und Gegner - und sich selbst als Hüter der "heiligen Kommunalfinanzen", die nur eines wollen: unsere Vorstellungen abwehren.

ver.di publik - Wie geht es weiter?

Dannenberg – Am 23. März wird wieder verhandelt. ver.di ruft für die Woche davor zu Warnstreiks auf. Bundesweit werden wir regionale und örtliche Aktionen erleben, ganztägige Streiks, vor allem in Kitas, aber auch in den anderen Bereichen des Sozial- und Erziehungsdienstes. Die Stimmung ist sehr gut, in vielen Städten wie Hannover, München, Rostock, Kassel, Düsseldorf, Stuttgart oder Hamburg wird jetzt geplant und vorbereitet. Und nicht nur dort. Klar ist, dass die Eltern informiert und einbezogen werden. Und dass die Aktiven ihren noch nicht organisierten Kolleginnen klar machen müssen: Wenn ihr wollt, dass wir ‘was erreichen, müsst ihr jetzt auch ver.di-Mitglied werden.

Interview: Claudia von Zglinicki

www.soziale-berufe-aufwerten.de