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Home Office und Kinderbetreuung kann eine Weile lang gut gehenFoto: Fabian Zapatka/laif

Für Adrian Imberi, 25, und Fabian Bujnoch, 28, ist das Arbeiten im heimischen Büro eine neue Erfahrung. Beide sind Beschäftigte des Archivs der Stadt Nürnberg, und in Kommunalverwaltungen war Home Office bisher eher unüblich. Doch die Corona-Pandemie macht es möglich, dass ein Bibliothekar (Imberi) und ein Fotograf (Bujnoch) daheim ihrer Arbeit nachgehen können.

"Es läuft gut. Ich kann auf meinen Dienstrechner zugreifen und bin unter anderem mit der Digitalisierung von Archivalien beschäftigt", sagt Adrian Imberi. Außerdem führe er Datenbestände zusammen. Der Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste, so lautet die korrekte Berufsbezeichnung, kann sich gut vorstellen, über die Corona-Krise hinaus im Home Office zu arbeiten. "Nicht ausschließlich, aber einmal wöchentlich wäre es mir recht."

Auch seinem Kollegen Fabian Bujnoch gefällt die Arbeit im heimischen Büro. Der Fotograf ist ebenfalls mit der Digitalisierung beschäftigt, in seinem Fall sind das Bilder für Publikationen und Ausstellungen. "Ich habe allerdings noch Außentermine, bei denen ich Schutzmaßnahmen gegen Corona fotografisch dokumentiere." Über die Remote-Control-Funktion kann er von daheim auf seinen Dienstrechner zugreifen, sodass keine Daten auf dem privaten Laptop landen. "In diesem Bereich wäre Home Office schon lange möglich gewesen", sagt er. Doch die Vorgesetzten seien vor der Corona-Krise sehr skeptisch gegenüber der Arbeit von zu Hause aus gewesen.

Entscheidend ist die Freiwilligkeit

Der ver.di-Bereich Innovation und Gute Arbeit befasst sich seit langem mit Regeln für mobile Arbeit, zu der das Home Office gehört. Anlässlich der verstärkten Verlagerung vieler Tätigkeiten ins heimische Büro wegen der Corona-Pandemie hat Nadine Müller, die diesen Bereich leitet, nun ein Informationsblatt zum Thema erarbeitet. Entscheidend sei in jedem Fall die Freiwilligkeit, heißt es dort. Einseitig dürfe der Arbeitgeber nicht anordnen, ins Home Office zu wechseln. "Das Corona-Virus kann auch in Betrieben, in denen bislang kein Home Office möglich ist, Anlass sein, über entsprechende Regelungen nachzudenken und entsprechende Möglichkeiten zu prüfen." Genau das ist in zahlreichen Betrieben und Verwaltungen wie dem Nürnberger Stadtarchiv passiert.

Andere arbeiten schon seit langem von zu Hause aus, aber nicht tagtäglich wie derzeit. Bettina Bludau ist freigestellte Betriebsratsvorsitzende bei IBM Deutschland Research & Development in Böblingen, wo diese Art der Arbeit nicht Home Office, sondern "working from home" heißt. "Es ist schwierig, zumal auch mein Mann im Moment von zu Hause aus arbeitet und wir voreinander Betriebsinterna wahren müssen." Besonders fehlt ihr der informelle Austausch mit ihren Kolleg*innen. Und während sie im Betrieb einen ergonomisch ausgestalteten Arbeitsplatz hat, sitzt sie zu Hause mit dem Firmenlaptop am Esstisch. "Während einer begrenzten Zeit, wie jetzt in der Corona-Krise, mag es angehen, aber dauerhaft möchte ich nicht so eingeschränkt arbeiten."

Wichtig ist die Ausgestaltung

Nadine Müller von ver.di betont, wie wichtig die "konkrete Ausgestaltung der Arbeit von zu Hause" ist, "damit daraus tatsächlich Gute Arbeit wird". So müssten zwingend der Arbeits- und Gesundheitsschutz eingehalten werden. Dazu zählt die Ergonomie am Arbeitsplatz ebenso wie die Beachtung der Arbeitszeit. Das Unternehmen müsse die Arbeitsgeräte stellen, bei deren Einsatz im Home Office die Einhaltung aller Sicherheitsstandards und auch der Datenschutz gewährleistet sei.

Bei Adrian Imberi und Fabian Bujnoch vom Nürnberger Stadtarchiv ist die Arbeitszeit klar geregelt. "Ich arbeite vor allem in der Kernarbeitszeit", sagt der Bibliothekar Imberi, per Excel-Tabelle notiert er sie genauso wie sonst am Arbeitsplatz im Archiv. Fabian gehört als Mitglied der Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung dem Personalrat der Stadtverwaltung Nürnberg an und weiß, dass dort auf die Einhaltung der Arbeitszeiten geachtet wird. "Um 15 Uhr 30 ist Feierabend – das gilt in jedem Fall."

Längere Erfahrung mit der Arbeit im Büro daheim hat Sebastian Wolf, 37, der beim Softwareentwickler SAP beschäftigt ist. "Seit Mitte März bin ich zu hundert Prozent im Home Office. Vorher war es variabel – von einmal wöchentlich bis zu einer ganzen Woche kam alles vor." Probleme bereitet ihm deshalb diese Art der Tätigkeit nicht. Auch sein Team komme gut mit der jetzigen Situation klar. "Wir arbeiten agil und in Vertrauensarbeitszeit, wo das Ergebnis eines Auftrags im Mittelpunkt steht." Der Austausch läuft über Telefon und geteilte Bildschirme – seltener über Videokonferenzen. Der Vorgesetzte achtet auf die Einhaltung der Arbeitsgesetze. "Er schickt uns oft auch mal in den Feierabend und sorgt dafür, dass der vereinbarte Urlaub genommen wird."

"Wir arbeiten agil und in Vertrauensarbeitszeit, wo das Ergebnis eines Auftrags im Mittelpunkt steht."
Sebastian Wolf, 37, Softwareentwickler

Sebastian Wolf ist seit 17 Jahren – inklusive seines dualen Studiums – bei dem Softwareentwickler. Seit 2018 arbeitet er öfter im Home Office. "Ich habe aber weiter meinen festen Arbeitsplatz in der Firma." Der stellvertretende ver.di-Betriebsgruppenvorsitzende ist mit dieser Arbeitsmethode sehr zufrieden und geht davon aus, dass er nach der Corona-Krise wie zuvor zwischen Home Office, Firmenbüro und Arbeit unterwegs wechseln wird.

Christine Muhr von ver.di in Baden-Württemberg hofft, dass es bald eine Rückkehr zum früheren Zustand geben wird. "IT-ler sind ans Home Office gewöhnt, aber die ausschließliche Arbeit von zu Hause ohne gute betrieblich abgestimmte Rahmenbedingungen wird auf Dauer ein bedenklicher Belastungsfaktor." Umso wichtiger sei es, Gute Arbeit im Home Office verbindlich zu regeln.

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