2008 bringt Tarifauseinandersetzungen in mehreren Konzernteilen, das Management hegt Pläne für weitere Umstrukturierungen. ver.di legt Sozialkodex vor und fordert Eigentümer zu Verantwortung auf

vON PETRA GROLL

Gleich zu Jahresbeginn geht es mit Tarifauseinandersetzungen in drei Telekombereichen los: bei den T-Punkt-Gesellschaften, T-Systems und T-Mobile. "Wir orientieren uns auf sechs Prozent Erhöhung", sagt Lothar Schröder, im ver.di-Bundesvorstand zuständig für die Telekom. In weiteren Telekom-Bereichen gelten die Tarife bis Jahresende, bei den Service-Gesellschaften laufen sie bis 2009, erste Vorbereitungen stehen auch dort bevor.

Die schärfsten Auseinandersetzungen sieht Schröder bei Standort-Fragen. "Zwar haben wir bislang Rationalisierungsschutz und den Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen bis Ende 2008 durchsetzen können", sagt er, "aber wenn man es darauf anlegt, kann Arbeit auch so gestaltet werden, dass die Leute sie sich schlicht nicht mehr leisten können." In der Buchführung, den Callcentern/Kundenservice und bei T-Systems stehen Umstrukturierungen an. Dort arbeiten laut Schröder viele Beschäftigte in Teilzeit, besonders häufig alleinerziehende Mütter. "Wenn die künftig drei Stunden fahren müssen, um vier Stunden zu arbeiten, dann kann man sich vorstellen, wie sie entscheiden. - Notfalls akzeptieren sie eine Abfindung und gehen damit angeblich ‚freiwillig'."

Dabei lägen doch gerade bei der Telekom kreative Lösungen solcher Probleme auf der Hand, stellt Lothar Schröder fest: "Die Telekom verkauft Dienstleistungen und Produkte, die den Leuten ermöglichen, von jedem beliebigen Standort aus arbeiten zu können. Warum sollte das nicht auch im eigenen Betrieb zur Anwendung kommen und Probleme lösen können?"

Diskussion um Einhaltung sozialer Grundregeln

Mit einem "Sozialkodex Telekom" will ver.di mittelfristig versuchen, nicht nur das Management, sondern grundsätzlich auch die Anteilseigner der Telekom AG in die Diskussion um die Einhaltung sozialer Grundregeln im Konzern einzubeziehen. Angesprochen ist in erster Linie der Bund, der zusammen mit der KFW-Bankengruppe knapp 32 Prozent der Telekom AG hält (siehe Grafik). Zweiter großer Anteilseigner ist die US-Investorengruppe Blackstone (siehe ver.di PUBLIK, 8/9-2007). Um die Diskussion anzukurbeln, legt ver.di ein Papier mit entsprechenden Eckpunkten als Grundlage vor:

Kein Beschäftigter wird unter einem Mindestlohn von 7,50 Euro bezahlt, und Leistungen werden nur an Auftragnehmer vergeben, die ihren Beschäftigten Konditionen anbieten, die der Tarifbindung der DGB-Gewerkschaften entsprechen.

Es werden keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen.

Bei Betriebsübergängen bleiben die bisherigen Konditionen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten. Es gilt das Günstigkeitsprinzip.

Die Beschäftigten werden nicht gedrängt, zur Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen schlechtere Konditionen in Kauf zu nehmen.

Das Unternehmen verwirklicht Tarifbindung in allen Einheiten und betreibt weder Tarifflucht noch Tarifdumping für einzelne Beschäftigtengruppen.

Die bisherigen Ausbildungsquoten bleiben ebenso erhalten wie die Ausbildungsqualität, Schulabgängern werden hochwertige Ausbildungsberufe angeboten. Die deutsche Telekom investiert mehr in die Perspektiven ihrer Beschäftigten durch den Ausbau von Qualifikationen und die Weiterbeschäftigung von Auszubildenden.

Das Unternehmen stoppt die laufende Arbeitsplatzvernichtung und beschränkt Rationalisierungswirkungen auf das freiwillige Ausscheiden von Personal.

Die Beschäftigten werden nicht durch Verkäufe von Unternehmensteilen oder durch den Entzug von Arbeit aus der Fläche aus dem Konzern gedrängt.

Die Telekom stellt sich einer regionalen Strukturverpflichtung und Beschäftigungsverantwortung. Sie richtet ihre Strukturplanung darauf aus, Arbeit und Ausbildung bei den Menschen in der Fläche zu halten.

Das Management verfolgt das Ziel, gute Arbeit anzubieten, und vergleicht deshalb in einem transparenten Prozess die Arbeitsbedingungen im Konzern mit dem DGB-Index "Gute Arbeit".

Die Unternehmensstrategie wird darauf ausgerichtet, den Innovationswettbewerb aus- und den Unterbietungswettbewerb bei den Arbeitsbedingungen abzubauen. Dazu werden Anstrengungen unterstützt, zu einem Branchentarifvertrag zu kommen.

Die Anteilseigner nehmen die Rolle der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Gremien der wirtschaftlichen Mitbestimmung ernst und werden die Planungen und Beschlüsse zur Dividendenausschüttung ebenso wenig gegen die Stimmen der Arbeitnehmer entscheiden wie die Bestellung von Arbeitsdirektoren im Konzern.

Auslagerung unter besonderer Beobachtung

Zum 1. Januar übernimmt Nokia Siemens die Vivento Technical Services. Genaue Bedingungen für die 2000 Beschäftigten sind bisher noch nicht bekannt. Bei den 50000 im Sommer in neue Service-Gesellschaften ausgelagerten Beschäftigten dauern die Detailverhandlungen an. Aus dem damals erkämpften Abschluss von 70 Seiten ist mittlerweile ein Werk von mehr als 400 Seiten geworden. "Wir streiten um jeden Zentimeter," sagt der zuständige ver.di-Sekretär Michael Halberstadt.