In einer Grundsatzerklärung legt ver.di ihr Selbstverständnis, ihre Werte und Leitbilder fest. Über sie wird derzeit diskutiert

VON HEIKE LANGENBERG

Bei ihrer Gründung hatte ver.di sich vorgenommen, sich auch ein Programm zu geben. Doch acht Jahre nach der Gründung ist das immer noch nicht geschafft. " Aber aus meiner Sicht gibt es da zu viele Interessen innerhalb der Organisation, die sich widersprechen", sagt Ralf Fenske, einer der stellvertretenden Vorsitzenden des ver.di-Gewerkschaftsrats. Als Beispiel nennt er Atomkraftgegner und Atomkraftbefürworter. Solche Differenzen hätten es bislang schwer gemacht, sich auf ein Programm zu einigen. Der nächste Kongress 2011 wird sich, da ist sich Fenske sicher, wieder mit der Frage beschäftigen, wie es mit der Pro- grammdebatte weitergeht. Den zum vergangenen Kongress vorgelegten umfangreichen Programmentwurf findet Fenske "wenig aussagekräftig". Er stelle eher eine Analyse der Gesellschaft dar, die ver.di nicht will.

Damit ver.di in der Zwischenzeit sagen kann, wofür die Organisation steht, hat der Gewerkschaftsrat in seiner Sitzung im Juni den Entwurf einer Grundsatzerklärung verabschiedet. Entwurf deshalb, weil im Herbst in den verschiedenen Gremien der Organisation auf allen Ebenen darüber diskutiert werden soll. 2010 will der Gewerkschaftsrat dann eine endgültige Fassung beschließen. Die - dann verbindliche - Grundsatzerklärung könne Neumitgliedern oder Interessierten an die Hand gegeben werden, die sich schnell darüber informieren wollen, wofür ver.di steht.

Gegen- und Gestaltungsmacht

In der kurzen Erklärung geht es um das Selbstverständnis der Organisation, um ihre Werte und ihre Leitbilder. Sie werden in 29 Abschnitten genannt, kurz und prägnant, aber dennoch aussagekräftig. "Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können nur durch gemeinsames Handeln in starken Gewerkschaften ihre sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftspolitischen Interessen in der Arbeitswelt, in der Gesellschaft und im Staat wirkungsvoll vertreten", heißt es da. "Gemeinsam stellen wir der Macht der privaten und öffentlichen Arbeitgeber die Macht der organisierten Arbeit gegenüber." Als "Gegen- und Gestaltungsmacht zugleich" versteht sich ver.di dabei.

Deswegen bin ich ver.di-Mitglied

Im Gewerkschaftsrat war der Entwurf begrüßt worden. Insbesondere seine Kürze würdigten einige Redner/innen als Vorteil. "Ich hoffe, dass wir zu einer Grundsatzerklärung kommen, die Mitglieder lesen und sagen ,Ja, deswegen bin ich in der Gewerkschaft'", sagt Ralf Fenske. So sei es zumindest ihm selbst gegangen, als er den Entwurf zum ersten Mal gelesen hat.

Diskutiert wird der Entwurf der Grundsatzerklärung auch im ver.di-Mitgliedernetz unter https://mitgliedernetz.verdi.de

Dort können ver.di-Mitglieder auch den kompletten Text des Entwurfs einsehen. Ob und bei welchen Gelegenheiten sie vor Ort diskutiert wird, ist in den ver.di-Geschäftsstellen zu erfragen.