Am 23. Juli, zwei Tage vor der Premiere, einigten sich die Kontrahenten nach einer fast 24-stündigen Verhandlung auf einen Tarifvertrag, am folgenden Tag unterzeichneten ver.di und die Bayreuther Festspiel GmbH im Namen der vier Gesellschafter (Bundesrepublik Deutschland, Freistaat Bayern, Stadt Bayreuth und Freundeskreis) das Einigungspapier.

Das fabelhafte Ergebnis für die 57 Festangestellten und rund 150 Saisonkräfte: Für sie gilt der Tarifvertrag rückwirkend ab 31. Mai 2009. Für Beleuchter, Bühnenfacharbeiter und Requisiteure wurde das monatliche Gehalt um mehr als 34 Prozent (gut 1 200 Euro pro Monat) angehoben. Theater- und Beleuchtungsmeister bekommen fast 66 Prozent (2 500 bis 3 000 Euro pro Monat) mehr Gehalt. Während der Festspielzeit erhalten Festangestellte und Saisonkräfte durch Zulagen eine bis zu drei Entgeltgruppen höhere Vergütung, als der Tarifvertrag der Länder vorschreibt.

Besonderes Bonbon für die befristet Beschäftigten: Wer mindestens zwei Festspielzeiten in Bayreuth gearbeitet hat, kann sich auf einen garantierten Rechtsanspruch auf einen Arbeitsvertrag für die Saison 2010 berufen. Das Tarifrecht der Länder (TV-L und TVÜ-L) tritt zum 1. Januar 2010 in Kraft. Dabei werden für die Überleitung in den Tarifvertrag der Länder (TV-L) die bisherigen Beschäftigungsjahre so angerechnet, als wären die Beschäftigten in diesem Zeitraum schon nach den Verträgen BAT bzw. MTArb beschäftigt gewesen, so dass sie die entsprechenden Zeit-, Tätigkeits- und Bewährungsaufstiege erreichen. Im Herbst 2009 wird weiter verhandelt: u. a. über einen Qualifizierungsanspruch, Sonderregelungen zur Arbeitszeit, Folgeverträge und die Dynamisierung der tariflichen Festbeträge.

Wagner wäre geplatzt

"Für mich stand fest, dass wir bis zur Premiere einen Tarifabschluss auf dem Verhandlungsweg erreichen müssen", sagt Wolfgang Paul, der zuständige Tarifsekretär beim ver.di-Bundesvorstand. Wäre das nicht geglückt, hätte ver.di einen Tarifvertrag erstreiken müssen. Die Verantwortlichen der Festspiel GmbH versuchten, die Verhandlungen auf die Zeit nach der Saison zu verzögern. Ein Arbeitskampf wäre zu dieser Zeit ohne große Wirkung geblieben.

"Ich hatte schon einen unbefristeten Streik vorbereitet", sagt Barbara Schneider, ver.di-Sekretärin in Bayreuth. ver.di hätte die Premiere und alle folgenden Aufführungen platzen lassen. Darauf wollte die Leitung der Festspiel GmbH es nicht ankommen lassen. Ein halbstündiger Warnstreik bei der Generalprobe wirkte, die Festspielleitung lenkte ein. Öffentlich hatte Festspielsprecher Peter Emmerich zwar betont, der Arbeitgeber habe Vorsorge getroffen. Dennoch war allen Beteiligten klar, dass Streikbrecher die Arbeit der 57 Festangestellten und 150 Saisonkräfte nicht ohne weiteres hätten übernehmen können. Die Aufgaben bei den Festspielen sind komplex, auf der Bühne muss ein minutiöser Zeitplan eingehalten werden. Und ohne intensive Proben ist das unmöglich.

SILKE LEUCKFELD

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