Ausgabe 07/2012
Was noch getan werden kann
Null Euro Versandkosten - aber auch kein Versand mehr
"Gleich stehen unten im Lager die Bänder still." Die Stimmung bei Necker- mann in Frankfurt ist gedrückt. "Die Leute laufen von Büro zu Büro und verabschieden sich, teils nach jahre-langer Zusammenarbeit", sagt Thomas Schmidt, der Betriebsratsvorsitzende. Es ist der 28. September 2012, die Investorengespräche für den Versandhändler Neckermann sind gescheitert. Das Unternehmen hatte im Juli Insolvenz angemeldet, weil der US-Investor Sun Capital Partners als Eigentümer kein Geld für eine Sanierung geben wollte. Für rund 1850 Beschäftigte ist es der letzte Arbeitstag. Schmidt erzählt: "Ein Kollege fragte mich: Was mache ich dann Montag früh? Ich antwortete: Du stehst auf, kommst aber nicht hierher!" Schmidt unterscheidet zwischen gut ausgebildeten Beschäftigten und gering Qualifizierten. "Webdesigner und IT-Spezialisten finden schnell wieder Arbeit. Denen, die Schwierigkeiten haben, wollen wir mit einem Stammtisch und einer Ideenwerkstatt helfen."
Beim ersten Stammtisch am 4. Oktober tauschten sich mehr als 30 Ex-Neckermänner und -frauen über Jobmöglichkeiten aus. Es gab Tipps zu Vorstellungsgesprächen, Qualifizierungsscheinen und Formularen der Arbeitsagentur. Jetzt soll es jeden ersten Donnerstag im Monat weitergehen. "Damit setzen wir auf kollegiale Beratung", so Schmidt. Auch der Leitgedanke der geplanten Ideenwerkstatt sei die Selbstaktivierung: Ratschläge direkt vom Kollegen. Am 11. November findet die erste statt.
Bernhard Schiederig, ver.di-Landesfachbereichsleiter für den Handel in Hessen, ist optimistisch. Ende September gab es eine Stellenbörse, auf der sich mehr als zwölf Unternehmen präsentierten, darunter Rewe, Amazon, die Deutsche Post. Rewe habe den mehr als 200 Schwerbehinderten Formulare gegeben, auf denen sie Standorte wählen können, um sie wohnortnah einzusetzen. Alle Azubis wechseln zum Versandhändler Schwab.
Geraldine van Gogswaardt