Verlage kürzen hunderte Stellen

Journalisten schreiben über die Finanzkrise, doch auch in ihrer Branche sind Arbeitsplätze gefährdet. Hintergrund: der Einbruch im Anzeigengeschäft. "Bertelsmann will 10 000 Stellen streichen", verkündete der Branchendienst Werben & Verkaufen Anfang Juni. Weltweit beschäftigt der Konzern 100 000 Menschen, betroffen wäre jeder Zehnte. Bertelsmann dementierte: "Reine Spekulation." Zuvor hatte Bertelsmann-Chef Hartmut Ostrowski in der FAZ erklärt, dass der Konzern mehrere hun-dert Millionen Euro einsparen muss. Ostrowski begründete das so: "Im Durchschnitt sind die Werbemärkte um mehr als zehn Prozent gefallen."

Zu Bertelsmann gehört auch der Zeitschriftenverlag Gruner+Jahr (G+J). Frei werdende Stellen werden schon jetzt nicht wieder besetzt, befristete Verträge nicht verlängert. "Uns ist noch längst nicht alles bekannt, aber wir befürchten mindestens eine starke Arbeitsverdichtung", sagt Elke Zeißing, die Gesamtbetriebsratsvorsitzende. In einer E-Mail an das Management hatte G+J-Chef Bernd Buchholz laut Branchendienst Kontakter erklärt, dass gegengesteuert werden müsse, sonst werde sich das Unternehmen der Verlustzone nähern. Befürchtet wird weiterer Stellenabbau.

Schon Ende vergangenen Jahres hatte G+J die Wirtschaftsmagazine Capital, Manager Magazin und Impulse nach Hamburg verlagert, eine gemeinsame Hauptredaktion mit der Wirtschaftszeitung Financial Times Deutschland gebildet und 60 Stellen gestrichen.

Besonders die Wirtschaftstitel leiden unter der Krise; Autohersteller und Banken halten sich mit Anzeigen zurück. Das trifft auch die Handelsblatt-Gruppe (Handelsblatt, Wirtschaftswoche). Beim Handelsblatt kam Ende Juni der nächste Schlag: 150 weitere Arbeitsplätze sollen abgebaut werden. Wie die Verlagsgruppe Handelsblatt gehört auch die Tagesspiegel-Gruppe (Tagesspiegel, Zweite Hand, Zitty) der Dieter von Holtzbrinck Medien GmbH. In Berlin wurden rund 50 Arbeitsplätze gestrichen. "Beim Tagesspiegel gab es Aufhebungsverträge", sagt Betriebsrat Alfons Frese. Für die Zweite Hand und das Magazin Zitty wurden Sozialpläne erarbeitet.

Nicht gerade kreativ

Überall im Land müssen Redakteur/innen und Verlagsangestellte um ihre Arbeitsplätze fürchten: Die WAZ-Gruppe baute 300 Stellen ab, die Motorpresse schloss im Mai ihr Berliner Büro, je 21 Beschäftigte in Berlin und Stuttgart verloren ihre Arbeit. "Nicht gerade kreativ", findet Ulrich Janßen, Vorsitzender der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union, den Personalabbau. "Wer dadurch die journalistische Qualität reduziert, verschärft die Krise im eigenen Haus." So werde der Auflagenrückgang nicht bekämpft, sondern beschleunigt.

Silke Leuckfeld