Ausgabe 08/2009-09
Der Tod einer Näherin
Fatem Akter saß 13, sogar 15 Stunden an der Maschine, sieben Tage die Woche. Tausende Hosen sind durch ihre Hände gegangen, die später in Real-Märkten und Kaufhoffilialen landeten. Ihr Stundenlohn betrug 69 Cent. Im Dezember fühlte sie sich schlecht und bat, zum Arzt gehen zu dürfen. Erst als sie bewusstlos zusammenbrach, rief die Fabrikleitung eine Motorradrikscha, um sie ins Krankenhaus zu bringen. Zu spät. Fatem Akter starb mit 18 Jahren.
Schon vor drei Jahren war die Firma R.L. Denim in Bangladesch wegen ihrer schlechten Arbeitsbedingungen aufgefallen. Der Metro-Konzern, der für etwa 80 Prozent der Aufträge des Unternehmens sorgte, wusste das, unternahm aber nichts. Die in Bangladesch gesetzlich zugelassene Überstundenzahl wurde um bis zu 425 Prozent überschritten, frisches Wasser gab es im Betrieb nicht, Arbeiterinnen wurden geschlagen, Arztbesuche wurden ihnen verwehrt. Nachdem die Kampagne für saubere Kleidung die Situation auf der Metro-Hauptversammlung öffentlich gemacht hatte, kündigte Vorstandschef Eckhard Cordes an, den Kontakt zur Firma zu "eliminieren". Das empörte Nichtregierungsorganisationen (NRO) und Gewerkschafter noch mehr. "Erst werden die Arbeiterinnen ausgebeutet, und dann sollen sie auch noch ihren Arbeitsplatz verlieren", sagt Maik Pflaum von der Christlichen Initiative Romero (CIR). "Bei mir gingen in den Wochen danach viele E-Mails von NRO, Gewerkschaftern und Beschäftigten ein, die phantasievolle Maßnahmen ankündigten, wenn der Konzern die Geschäftsbeziehung zu der Firma abbrechen sollte", sagt ver.di-Sekretär Ulrich Dalibor, Arbeitnehmervertreter im Metro-Aufsichtsrat. Er drängte bei der Geschäftsführung auf ein Gespräch. Bei dem Treffen räumte Metro-Vorstandsmitglied Franz Müller Fehler seines Unternehmens ein: Nicht nur bei R. L. Denim, auch bei anderen Zulieferern habe die von Einzelhandelsunternehmen gegründete Kontrollorganisation BSCI Mängel gemeldet. Darauf habe Metro nicht ausreichend reagiert. Er gelobte Besserung und versprach, bei R. L. Denim wieder im gleichen Umfang zu bestellen wie zuvor.
Pausen und frisches Wasser
Tatsächlich hat sich in der Fabrik in Bangladeschs zweitgrößter Stadt Chittagong jetzt einiges verbessert, melden Gewährsleute der CIR. Niemand werde mehr zu Überstunden gezwungen, die Pausen würden eingehalten, es gebe Trinkwasser, eine neue Kantine und kostenlose medizinische Versorgung, berichteten die Arbeiterinnen ihnen.
Metro zahlt jetzt an Denim etwas höhere Einkaufspreise, sagte ein Unternehmenssprecher. Die Abteilungen für Kontrolle und Dokumentation seien auf Vordermann gebracht worden. Unabhängige Überprüfungen, wie NRO und ver.di sie seit langem fordern, lehnt Metro nach wie vor ab.
ANNETTE JENSEN