von Andreas Hamann

Bei Karstadt geht's ums Ganze. In diesen Tagen entscheidet sich, ob die Warenhauskette aus der Krise herausgeführt werden kann. Ende April will der Insolvenzverwalter einen Käufer für die verbliebenen 120 Sport- und Warenhäuser sowie für acht Schnäppchen-Center präsentieren. Die Erwartung, dass ihm das gelingt, ist unter den noch 25 000 Beschäftigten groß. Doch es gibt auch Skepsis.

Nach 2004 und 2008 opfert die Karstadt-Belegschaft jetzt schon zum dritten Mal riesige Beträge, um das Unternehmen zu retten. Diesmal geht es - über drei Jahre verteilt - um 150 Millionen Euro, im wesentlichen Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Noch ist die erste Teilsumme zur Sicherheit auf einem Treuhandkonto geparkt. Findet sich ein Investor, fließen die Millionen direkt in den Finanzkreislauf des Unternehmens. So ist es im "Fortführungstarifvertrag" festgelegt, den ver.di abgeschlossen hat. Der Käufer muss bis 2012 den Erhalt der Standorte und Arbeitsplätze garantieren.

"Die Kolleginnen und Kollegen bei Karstadt leisten seit Jahren einen beispiellosen Beitrag zum Erhalt ihres Unternehmens. Sie haben trotz aller Unwägbarkeiten sogar einem Sanierungstarifvertrag unter den Bedingungen der Insolvenz zugestimmt", sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Margret Mönig-Raane wenige Tage vor der zweiten Karstadt-Gläubigerversammlung am 12. April. "Dadurch haben sie einen wesentlichen Eckpfeiler des Insolvenzplans geschaffen - und gute Voraussetzungen für einen Investor." Den zu finden sei nun Aufgabe des Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg. "Ich gehe davon aus, dass wir in den kommenden Wochen erfahren werden, ob Herr Görg diese Aufgabe löst, und wie sich die Perspektive der Beschäftigten entwickelt."

Aus der Insolvenz in die Schuldenfreiheit

Die Zustimmung der Gläubiger zum Insolvenzplan galt bei Redaktionsschluss als sicher. Mit diesem Zwischenschritt aus der Insolvenz in die Schuldenfreiheit sollte der Verkauf im Gesamtpaket möglich werden - und damit der weitere Betrieb an mehr als 120 Standorten. Der Plan sieht auch Zugeständnisse des Hauptvermieters Highstreet vor, die auf rund 150 Millionen Euro geschätzt werden. Die Insolvenzverwaltung beziffert die Sanierungsbeiträge aller Gläubiger auf eine "mittlere dreistellige Millionensumme". Sechs Finanzinvestoren haben seit knapp zwei Monaten die bisher streng geheimen Karstadt-Zahlen geprüft. Nach Angaben der Insolvenzverwaltung sind sie recht gut. In der ersten Phase des Geschäftsjahres habe sich ein solides Liquiditätspolster gebildet. Wie viele Kaufinteressenten zuletzt noch im Rennen waren und ob einer von ihnen Karstadt übernimmt, das bleibt bis Ende April offen. Sollte sich kein Bieter für das ganze Paket finden, scheitert der Insolvenzplan. Im schlimmsten Fall droht dann die "Filetierung": der Verkauf der besten Standorte. Damit wäre die Zukunft für die Mehrheit des Karstadt-Personals völlig ungewiss.

Ein seriöser Käufer muss her

Seit der Metro-Konzern im März Verkaufsabsichten für seine Tochter Kaufhof bekräftigt hat, ranken sich Spekulationen um eine "Warenhausehe", bei der sich die passenden Filialen unter einem neuen Dach zusammenführen ließen. "Keine gute Alternative", meint jedoch auch Rolf Weidmann, Görgs Insolvenzbeauftragter für Karstadt. Bei beiden Unternehmen würde dies viele tausende Jobs kosten.

"Wir Betriebsräte zählen darauf, dass der Insolvenzverwalter einen seriösen Käufer präsentiert. Alles andere wäre eine Katastrophe", sagt der Vorsitzende des Karstadt-Gesamtbetriebsrates Hellmut Patzelt, der die Belegschaft im Gläubigerausschuss vertritt, mit Blick auf die anstehenden Entscheidungen. "Die Beschäftigten glauben an das Karstadt-Warenhaus. Wie sie sich dafür einsetzen, das verdient Respekt. Wenn nötig, werden wir alle gemeinsam um jeden Arbeitsplatz kämpfen."