Flashmob der ver.di-Jugend bei der Telekom am 3. März auf der Cebit in Hannover

Von Ute Christina Bauer

Mit dem Abbruch der vierten Telekom-Tarifrunde haben die ver.di-Verhandlungsführer am 9. März ein Zeichen gesetzt. Einen Tag danach erklärte auch die Große Tarifkommission von ver.di die Verhandlungen in Königswinter für gescheitert. Daraufhin riefen die Arbeitgeber die Schlichtung an. Schlichter wird der frühere Hamburger Bürgermeister Henning Voscherau, SPD, sein.

Das Ende der Geduld

"Die Telekom hat sich nicht bewegt. Die Botschaft der Tarifkommission lautet jetzt: So nicht", kommentiert Lothar Schröder, Verhandlungsführer und Mitglied im ver.di-Bundesvorstand, die Entscheidung der Gewerkschaft. Man setze große Hoffnungen auf den Schlichter bei den Bemühungen, der Telekom zur Einsicht zu verhelfen. Bedauerlich bleibe, dass das Unternehmen es schon seit Jahren nicht mehr schaffe, große Tarifauseinandersetzungen ohne die Hilfe Dritter zu beenden.

ver.di stellt für die rund 105000 Beschäftigen nach wie vor klare Forderungen: eine Reallohnsteigerung von 6,5 Prozent über eine Laufzeit von zwölf Monaten, mindestens aber 170 Euro monatlich mehr Lohn, um die unteren Einkommen zu stärken.

Dass die vierte auch die letzte Verhandlungsrunde sein würde, war von Anfang an klar. "Am Ende der dritten Runde hatten wir den Arbeitgeber aufgefordert sich zu bewegen - mit dem Ziel, ein Ergebnis zu erreichen", sagt Michael Halberstadt, Bereichsleiter Tarifpolitik / Grundsatz im ver.di-Fachbereich Telekommunikation und Informationstechnologie. Man habe in der vierten Runde ausloten wollen, ob überhaupt eine Basis für Verhandlungen vorhanden sei, und festgestellt: Nein, diese Basis fehlt. Daraus habe man die Konsequenzen gezogen.

Die Telekom hatte in den Verhandlungen weiter darauf beharrt, keine Mittel zu haben, um die Forderungen der Belegschaften zu erfüllen. "Das ist völlig konträr zu dem, was das Unternehmen dem Finanzmarkt erzählt", sagt Michael Halberstadt. In der Bilanzpressekonferenz für 2010 habe Vorstandschef René Obermann verkündet, dass das bereinigte Konzernergebnis fast das Fünffache des Wertes von 2009 betragen hat. Dann den Beschäftigten vorzumachen, man habe kein Geld für höhere Löhne, sei absurd.

Solange das Schlichtungsverfahren läuft, unterliegen die Parteien der Friedenspflicht. Nach dem Schlichtungsverfahren müssen beide Seiten an den Verhandlungstisch zurückkehren und entscheiden, wie sie mit dem Schlichterspruch umgehen. Da es sich nicht um ein Zwangsschlichtungsverfahren handelt, sind die Parteien nicht verpflichtet, das Ergebnis zu akzeptieren.

Viele tausend Tage

Rund 80000 Streiktage zwischen der dritten und der vierten Verhandlungsrunde zeigten, was die Beschäftigten wollen. Allein am 9. März waren 12000 Menschen im Arbeitskampf. Die Arbeitgeberseite sei davon empfindlich getroffen, wie man aus ihren Reihen wisse, sagt Michael Halberstadt. Der Telekom müsse klar sein: Wenn die Schlichtung kein akzeptables Ergebnis bringt, bleibt als Konsequenz nur die Urabstimmung. Gleiches gelte, wenn das Ergebnis für ver.di annehmbar ist, aber von der Arbeitgeberseite nicht akzeptiert wird. "Dann stehen die Zeichen auf Streik." Halberstadt ist sich sicher: "Der Konflikt wird hart ausgetragen."

Und das würde die Telekom stärker treffen als bisher. Seit dem Beginn der Auseinandersetzungen hat ver.di 1500 neue Mitglieder bei der Telekom. Das zeigt, dass die Beschäftigten hinter den ver.di-Forderungen stehen - und auch, dass sie sich betrogen fühlen. "Die Telekom hat ihnen kein Angebot unterbreitet, über das man diskutieren kann. Stattdessen stellt sie Gegenforderungen", sagt Halberstadt. Das Unternehmen wolle die Arbeitsbedingungen der Leute noch verschlechtern, mit faktischen Arbeitszeitverlängerungen, Abbau von Sozialleistungen oder mit dem Umbau von Arbeitsplätzen. Halberstadts Resümee lautet: "Die haben den Blick für die Realität verloren."