"Wir bestreiken nicht Gott, sondern die Kirchenoberen, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben", sagte Maike Hecheltjen aus dem evangelischen Krankenhaus Oldenburg auf dem ver.di-Bundeskongress. Gemeinsam mit Jürgen Bauer von der evangelischen Altenhilfe Delmenhorst schilderte sie den Delegierten die Situation ihrer Kolleg/innen - genau zum richtigen Zeitpunkt, wenige Tage vor der Aktionswoche in ausgewählten diakonischen Einrichtungen in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Das Motto der Woche sagt, worum es geht: "Arbeitsrechtliche Kommissionen abschalten - Tarifverträge für die Diakonie!"

1,3 Millionen Menschen arbeiten in Deutschland in kirchlichen Einrichtungen - beim viertgrößten Arbeitgeber der Republik und nach den Regeln des kirchlichen Arbeitsrechts. Das bedeutet: ohne Tarifvertrag, ohne Streikrecht, zu schlechteren Arbeitsbedingungen und für weniger Geld als Beschäftigte, die in anderen Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Kindergärten die gleiche Arbeit tun und gleich qualifiziert sind. Pro Monat kann der Lohnunterschied für eine Kranken- oder Altenpflegehelferin bis zu 550 Euro betragen, wie eine Studie ergab, die ver.di in Auftrag gegeben hat. Damit soll endlich Schluss sein. ver.di fordert für diese Beschäftigten die gleichen gewerkschaftlichen Rechte wie für alle an- deren Arbeitnehmer/innen. Der sogenannte "Dritte Weg", also das kirchliche Arbeitsrecht, muss abgeschafft werden, unverzüglich sind mit ver.di Tarifverhandlungen aufzunehmen, das Streikrecht muss allen gewährt werden. Der Gewerkschaftsrat hat diese Forderungen in einem Antrag an den Bundeskongress formuliert, und die Delegierten haben ihn einstimmig beschlossen.

Vordemokratische Zustände

Maike Hecheltjen kündigte auf dem Kongress für ihr Krankenhaus einen dreistündigen Warnstreik in der Aktionswoche bei der Diakonie an. Ihr Arbeitgeber hatte den Beschäftigten angeboten, einen Teil ihres Einkommens umzuverteilen, und zwar von unten nach oben. So sollten Reinigungskräfte weniger Lohn bekommen, damit qualifizierte Krankenschwestern und Ärzte mehr kriegen. Was niemand akzeptiert habe, wie Maike Hecheltjen hinzufügte. Im Kirchenvorstand seien Leute, "die keinen Bezug zu unserer Arbeit haben, die von oben herab entscheiden, ohne zu wissen, welche Arbeit wir leisten".

Manfred Freyermuth war einer der Delegierten, die zum Kongress-Schwerpunkt Kirchen sprachen. Er sagte, das gesellschaftliche Klima sei reif für einen Tarifvertrag und einen gerechten Lohn. "Wir stellen uns auf einen langen Kampf ein - dafür macht der Kongress uns Mut." Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske erinnerte daran, dass die kirchlichen Arbeitgeber in den 90er-Jahren mit der Orientierung am BAT gebrochen haben. Seitdem geben sie den Wettbewerbsdruck an ihre Beschäftigten weiter und versuchen, sich auf diese Weise Vorteile zu verschaffen. Er forderte: "Schluss mit der Benachteiligung, Schluss mit den vordemokratischen Zuständen!" cvz

Die Studie ist zu finden unter:

www.verdi.de/presse/downloads