Ausgabe 11/2011
Lohn war einfach Glückssache
Wer mit dem Chef gut konnte, hat auch mal 50 Cent mehr für die Stunde bekommen. Wer nicht, hatte eben Pech. Mit etwas Glück durfte einer 27 Tage Urlaub machen, die anderen mussten sich mit weniger begnügen. Ein Leipziger Redakteur, der ebenso Pressespiegel für Unternehmen zusammenstellt wie der Kollege in Frankfurt am Main, erhielt mit sieben Euro pro Stunde knapp die Hälfte vom Lohn des Frankfurters. So ist das in Betrieben ohne Betriebsrat und ohne Tarifvertrag. So war es auch bei Meta Communication in Frankfurt und Leipzig. Als der Geschäftsführer allerdings den fest zugesagten Bonus strich, platzte einigen dann doch der Kragen. Die Gutsherrenart der Geschäftsführung müsse ein Ende haben, erklärten einige Beschäftigte.
Erst waren es nur wenige, die sich an Anja Willmann von connexx.av in Frankfurt am Main wandten, die ver.di-Vertretung für Medienschaffende. Mit dem Ziel, einen Betriebsrat zu gründen. Die Wahl bereiteten sie heimlich vor. Aus gutem Grund: Nicht selten werden die Kandidat/innen für den Wahlvorstand entlassen, noch bevor der gewählt wurde, und sie damit vor Kündigungen sicher gewesen wären.
Heimliche Wahlvorbereitung
Die Wahl zum Betriebsrat fand dann an beiden Standorten zur gleichen Zeit statt. Was den Geschäftsführer so erbost, dass er von "einem konzertierten Putschversuch" spricht, erinnert sich eine Mitarbeiterin. An beiden Standorten erringen die ver.di-Leute die Mehrheit, die flugs aufgestellten arbeitgebernahen Kandidaten unterliegen.
Doch auch ein Betriebsrat stößt an seine Grenzen, wenn es um ungerechte und undurchsichtige Lohnstrukturen geht. Dagegen kommt man nur mit Tarifvertrag an, und der lässt sich nur durchsetzen, wenn viele Beschäftigte Mitglied in der Gewerkschaft sind - und bereit sind zu streiken. Allerdings ist Meta Communication nicht im Arbeitgeberverband, und die gesamte Branche der Medienbeobachtung und Medienanalyse ist tariflos. "Außer einem früheren Tarifvertrag für ein inzwischen insolventes Unternehmen gab es weit und breit kein Vorbild", sagt Anja Willmann von connexx.av.
Den Gewerkschaftsmitgliedern bei Meta Communication - inzwischen ist mehr als die Hälfte der Belegschaft in Frankfurt bei ver.di organisiert - war vor allem eins wichtig: Die Stundenlöhne sollten erhöht werden, und der Osten sollte stufenweise mit den Frankfurter Kollegen gleichziehen. Etliche Male hat ver.di verhandelt, aber erst als die Frankfurter und Leipziger - wieder am gleichen Tag - die Arbeit niederlegten, war der Durchbruch geschafft. Bei Meta Communication gibt es nun einen Entgelt- und einen Manteltarifvertrag. Tarifliche Jahresleistungen und Urlaubsgeld konnten zwar nicht durchgesetzt werden, aber 28 Urlaubstage ab 2012, Zuschläge für Sonn-, Nacht- und Feiertagsarbeit und vor allem höhere Löhne für die Leipziger. "Ein Erfolg", sagt Anja Willmann, denn Löhnen nach Laune ist damit ein Ende gemacht.
Wieder mal ein Detektiv
Doch die Geschäftsführung tut sich schwer mit einem Umstand, der in anderen Betrieben selbstverständlich und auch vom Gesetz so gewollt ist: Betriebsräte mischen mit. Um jede Kleinigkeit, ob es um einen abschließbaren Schrank oder Fachliteratur geht, müssen sie bei Meta Communication kämpfen. Damit nicht genug. Jetzt hat die Firma einen Detektiv beauftragt, um ein Betriebsratsmitglied während seiner Krankschreibung auszuspionieren. Michaela Böhm