Hier passt jeder auf den anderen auf: In der Begegnungszone in Bohmte ist jeder Verkehrsteilnehmer gleich viel wert. Demnächst soll noch eine Sitzgruppe in die Mitte des Rondells

Seit 2008 lebt die 1300 Einwohner zählende Gemeinde Bohmte im Landkreis Osnabrück mit dem Shared Space, einem EU-geförderten Konzept des geteilten, von allen Verkehrsteilnehmern gleichermaßen genutzten Verkehrsraumes. Rund 400 Meter der 1,4 km langen Ortsdurchfahrt - einer Landesstraße - wurden von Ampeln, Verkehrszeichen, Bordsteinen und anderen Barrieren befreit und mit neuem Belag versehen. Einzige Straßenverkehrsregeln: rechts vor links und gegenseitig Rücksicht nehmen. Fußgänger, Radfahrer, Pkw und LKW sind hier gleichberechtigt. Das Prinzip dieser "gezielten Verunsicherung" führt zu mehr Sicherheit. "Alle müssen ihr Verhalten untereinander abstimmen", erläutert Sabine de Buhr-Deichsel. "Das funktioniert reibungslos. Wir haben keine Staus mehr und nur noch Bagatellunfälle."

Ältere Menschen fassten mehr Zutrauen, so die stellvertretende Bürgermeisterin weiter, gerade ältere Radfahrer würden selbstbewusster den öffentlichen Raum nutzen. Dessen "größere Sauberkeit und Gemütlichkeit" wurde bereits 2009 in einer Zufriedenheitsanalyse gelobt. "Tatsächlich konstatieren wir weniger Lärm und Abgase, die Wohn- und Aufenthaltsqualität ist gestiegen, die soziale Kommunikation hat sich verbessert, Jung und Alt profitieren davon", bilanziert de Buhr-Deichsel.

Sitzgruppe auf der Kreuzung

Gewerbetreibende - alle wichtigen Geschäfte und Einrichtungen liegen genau an dieser Lebensader - gingen entschlossen daran, sie optisch aufzuwerten. Ein neues Café wurde eröffnet, die Gäste sitzen im Sommer draußen und praktisch mittendrin. Weil das bei Shared Space spannend und ungefährlich ist, wollen die Bürger jetzt auch im Inneren des Verkehrskreisels eine Sitzgruppe haben. "Entscheidungen werden mit breiter Mehrheit erarbeitet, wir machen als Gemeinde keine Vorgaben, wir moderieren nur", sagt de Buhr-Deichsel. So wird das auch beim Ausbau des restlichen Kilometers Hauptstraße zu Shared Space sein, der Diskussionsprozess beginnt Anfang 2012. Dieses Projekt muss die Gemeinde finanziell selbst stemmen und angesichts der Haushaltslage Prioritäten setzen. "Der Gewinn an Lebensqualität spricht dafür."Weitere Gemeinden sind ebenfalls aktiv geworden.

Bettina Erdmann