Beharrlich: Ewald Sievert, Hans Naumann und Hans-Jürgen Hofmann (v.l.)

Drei Senioren aus dem Ruhrgebiet überzeugten mehr als 1000 Menschen, ver.di-Mitglied zu bleiben

"Gewerkschaft ver.di. Sie haben uns einen Brief geschrieben. Haben wir etwas falsch gemacht?" Das sind die ersten Worte, wenn Hans-Jürgen Hofmann, Ewald Sievert und Hans Naumann zum Telefon greifen. Sie rufen bei ver.di-Mitgliedern an, die ihre Mitgliedschaft gekündigt haben. Am Ende des ersten Quartals haben die drei ver.di-Senioren etwas geschafft, was selbst größte Optimisten nicht für möglich gehalten hätten: 1056 Mitglieder erklärten nach einem Gespräch mit einem der drei, dass sie weiter bei ver.di bleiben möchten.

Begonnen hat die Rückholaktion in den ver.di-Bezirken Emscher-Lippe-Nord (Recklinghausen) und Dortmund Anfang 2006. Seither sprachen die Rückgewinner mit 3400 Austrittswilligen. Jeder Dritte entschied sich nach den Gesprächen wieder anders. Ganz exakt: 31,05 Prozent der Angesprochenen zogen ihre Entscheidung zurück. Welch großer Erfolg das ist, zeigt ein Blick in die Statistiken professioneller Callcenter. So liegt die Rückgewinnungsquote für Kreditkarten nur bei rund zehn Prozent.

Neuland

"Die drei Männer sind auf Dauer so erfolgreich, weil sie sich mit Herzblut dieser Aufgabe widmen", erklärt sich Andrea Becker, ver.di-Geschäftsführerin im Bezirk Emscher-Lippe-Nord, den Erfolg. Die drei Senioren bringen es zusammen übrigens auf mehr als 210 Jahre.

Der Beginn war nicht einfach. Hans-Jürgen Hofmann erzählt: "Wir hatten ausreichend Erfahrung damit, mit Kolleginnen und Kollegen im Betrieb zu reden. Aber am Telefon Überzeugungsarbeit zu leisten, war Neuland für uns." Doch Erfolge stellten sich schnell ein. In den Gesprächen erwies sich bald, dass viele wegen ihrer schwierigen finanziellen Situation aus der Gewerkschaft austreten wollen. Hans Naumann beschreibt seine Erfahrung so: "Es ist nicht die große Politik oder die Verärgerung über ver.di. Viele sprechen in den Gesprächen von ihrer Sympathie für die Gewerkschaften." Die Statistik bestätigt das. 62 Prozent derjenigen, die ver.di verlassen, begründen das mit der finanziellen Situation. Auf Platz zwei steht die Vermutung: "Ich brauche ver.di nicht mehr." Weit abgeschlagen ist die Unzufriedenheit mit der ver.di-Geschäftsstelle, die noch von fünf Prozent genannt wird. Ewald Sievert meint: "Die Leistungen von ver.di sind bei den Mitgliedern oft nicht bekannt, sei es der Rechtsschutz, der Lohnsteuerservice oder die Freizeitunfallversicherung, um Beispiele zu nennen. Immer wieder hören wir in den Gesprächen: Das habe ich nicht gewusst!"

Die Erfolge des Dreier-Teams haben den ver.di-Landesbezirk Nordrhein-Westfalen ermutigt und dazu bewegt, die systematische und regelmäßige Rückgewinnung von Mitgliedern, die gehen wollen, in allen NRW-Bezirken anzupacken. Das bisherige Zwischenergebnis: 15 von 21 Bezirken sind schon dabei.

1056 - eine beeindruckende Zahl. Für Hans-Jürgen Hofmann, Ewald Sievert und Hans Naumann kein Grund nachzulassen. Ihre nächsten Ziele sind klar: 1500 gehaltene Mitglieder, 2000 gehaltene Mitglieder...