Von der Army ins Ungewisse

Droht den Zivilbeschäftigten der US-Army in Würzburg Arbeitslosigkeit? ver.di plant Proteste

Noch residiert hier die US-Army. Die Leighton Barracks in Würzburg

Fast 100 Frauen und Männer, die in Würzburg bei der US-Army arbeiten, fürchten die baldige Arbeitslosigkeit, denn bis Ende September wollen die Soldaten aus der Kaserne "Leighton Barracks" abziehen. Für die Zivilbeschäftigten gründeten die Amerikaner zwar eine Transfergesellschaft, die wird jedoch nur bis 31. März 2009 existieren. Danach soll der Freistaat als derzeitiger Hauptinteressent am Kasernenareal eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft gründen, fordert ver.di Bayern. Das Land sieht hierfür jedoch "keinen Bedarf", hat Norbert Flach vom ver.di-Landesbezirk erfahren.

Bayerns Pläne

Insgesamt 39 Hektar will der Freistaat Bayern laut Betriebsrat Gerhard Glaser erwerben, um die Würzburger Universität zu erweitern. Die Uni möchte einige Gebäude auf dem Leighton-Gelände sanieren, umbauen und nutzen. Bis zum Einzug der Hochschule in etwa zwei Jahren sollen die später von der Universität und anderen potenziellen Interessenten genutzten Gebäude von Mitarbeitern einer Beschäftigungsgesellschaft gewartet werden, verlangt ver.di.

Ein Gespräch mit dem Wirtschaftsministerium am 10. April ergab jedoch, dass der Freistaat lediglich vier bis fünf Beschäftigte der Amerikaner ab April 2009 bezahlen will, damit sie für den Erhalt der Gebäude sorgen. "Das sind viel zu wenig Leute", sagt Norbert Flach. "Dann drohen massive Schäden an Gebäuden, Anlagen und der technischen Infrastruktur, weil eine Handvoll Menschen unmöglich alle notwendigen Wartungs- und Sanierungsarbeiten bewältigen kann."

ver.dis Kritik

Die Gewerkschaft kritisiert, dass der Freistaat nicht in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft investieren will, obwohl er vom Bund Konversionsmittel erhält. Die Beschäftigten fühlen sich laut Flach "im Stich gelassen". Zusammen mit ver.di Bayern wollen sie in den kommenden Wochen Landtagsabgeordnete darauf aufmerksam machen, welch immense Verschwendung von Steuergeldern das Verhalten des Freistaats gegenüber den Zivilbeschäftigten auf dem Würzburger Kasernengelände bedeutet.

Nach Auskunft der Würzburger Uni-Leitung eignen sich mehrere Gebäude auf dem US-Areal für den künftigen Hochschulbetrieb. Mehr Raum wird künftig gebraucht, weil im Jahr 2011 durch die Einführung des nur noch achtstufigen Gymnasiums in Bayern ein doppelter Abiturientenjahrgang an die Hochschulen strömt. Dann werden 3300 Studenten mehr erwartet.

Die Gebäude auf dem Gelände der Leighton Barracks müssen unterhalten werden, solange das Land mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA), die das Gelände von den Amerikanern übernehmen wird, über den Kaufpreis verhandelt. Was sich, so Norbert Flachs Erfahrung mit anderen Konversionsprojekten, gut und gerne zwei Jahre hinziehen kann.

Bis Ende September arbeiten noch Handwerker aller Gewerke, Verwaltungsangestellte, Personalsachbearbeiter und Sekretärinnen in den Leighton Barracks, erklärt Betriebsrat Michael Dörfer. Und dann? "Auf dem Arbeitsmarkt haben die Beschäftigten kaum Chancen. Zum einen sind die meisten schon älter, zum anderen arbeiten viele von ihnen schon lange nicht mehr in ihrem ursprünglichen Beruf. Ihre Arbeit in den Leighton Barracks war speziell auf die Bedürfnisse der US-Soldaten zugeschnitten. Der deutsche Arbeitsmarkt benötigt diese Qualifizierungen so nicht. Bayern muss hier etwas tun."

Als Beispiel führt Gerd Glaser eine Kollegin an, die vor vielen Jahren als Näherin bei den Amerikanern angestellt worden war. In der Army bildete sie sich durch Kurse zur Sachbearbeiterin weiter. Von der IHK wird ihre neue Qualifikation jedoch nicht anerkannt. Glaser: "Ein formgerechter Brief in Deutsch ist nun mal anders aufgebaut als die Korrespondenz innerhalb der Army." Anders als in Deutschland sind auch die Spielregeln, nach denen die bei den Amerikanern beschäftigten Buchhalter arbeiten. Norbert Flach erklärt: "Das bedeutet, dass diese Beschäftigten zwar eine qualifizierte Ausbildung haben, aber auf dem deutschen Arbeitsmarkt in ihrem erlernten Beruf erst wieder vermittelbar sind, wenn sie eine qualifizierte Weiterbildung gemacht haben."