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Keine Frage, die Lage ist ernst: Auf den Weltmeeren fahren noch ganze 200 Schiffe unter deutscher Flagge. Und nur auf ihnen ist eine Mindestzahl deutscher Besatzungsmitglieder vorgeschrieben. Flaggen-Flucht hat zu einem dramatischen Abbau von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für deutsche und EU-Seeleute geführt. Immer mehr qualifizierte Bewerber aus nautisch-technischen Berufen drängen auf immer weniger Stellen. Ein deutsches Problem? Ja. Aber auch ein europäisches: Die EU-Leitlinien für den Seeverkehr sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedsstaaten stärken, maritime Ausbildung und Perspektive fördern. So die Theorie. Die Praxis der letzten Jahre sah anders aus.

ver.di fragt deshalb die EU-Kommission, was es den Mitgliedsstaaten nützt, wenn Schiffe in Asien gebaut und mit Seeleuten aus aller Welt besetzt werden, während deutsche Reeder gleichzeitig finanzielle Förderung, Lohnkosten- und Ausbildungsbeihilfen kassieren. Für alle Schiffe, die über Tonnagesteuer und anders subventioniert werden, müssen Mindestzahlen für sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze von EU-Seeleuten festgeschrieben werden, fordert die Gewerkschaft von der EU. Das kann nur gelingen, wenn im Europa-Parlament Abgeordnete wirken, die den Kollaps des maritimen Know-hows verhindern und Beschäftigung für deutsche und europäische Seeleute sichern helfen.

Die Flaggen-Flucht stoppen, den Kollaps des maritimen Know-hows verhindern

Bei den Häfen hat sich gezeigt, dass das geht. Dreimal konnten - auch mit Hilfe der EU-Parlamentarier - Angriffe auf die sozialen Rechte der Beschäftigten verhindert werden. Die Docker machten zuvor die Erfahrung: Aus Brüssel kommt für sie nichts Gutes. Mit den sogenannten "Port Packages" wollte die EU-Kommission Hafendienste liberalisieren. Qualifizierung, Lohn und Arbeitsbedingungen standen auf dem Spiel. Energische Proteste der deutschen und europäischen Docker und ihrer Gewerkschaften und viel Überzeugungsarbeit waren nötig. Auch das aktuelle Port Package III konnte so abgewehrt werden: EU-Parlamentarier im Verkehrsausschuss stoppten jetzt die Initiative zur Hafenverordnung. Neue Zumutungen, wie Eingriffe ins Streikrecht oder der Plan, Tarifverträge auf ihre "Marktkonformität" zu prüfen, müssen ebenso vom Tisch.

Es geht um ein soziales Europa, das Beschäftigte mitgestalten können. In den Häfen braucht es gute Ausbildung, besseren Arbeits- und Gesundheitsschutz und mehr Beschäftigung von Frauen. ver.di setzt sich im Sozialen Dialog dafür ein. Die EU-Abgeordneten bestimmen entscheidend mit, wie sich die Branche weiterentwickelt. Es ist also keineswegs egal, wer künftig im Parlament in Straßburg sitzt.