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Färben, fixieren, festigen - Friseurinnen haben ständig mit Chemikalien zu tun. In manchen EU-Ländern bekommen 70 Prozent über kurz oder lang Hautprobleme. Außerdem belastet das viele Stehen ihre Rücken, Gelenke und Füße: 40 Prozent der Haarspezialisten leiden an Muskel-Skelett-Erkrankungen. Um die Lage zu verbessern, vereinbarten Arbeitgebervertreter und Gewerkschaften im Rahmen eines Sozialen Dialogs auf EU-Ebene Präventivmaßnahmen. Bisher wurden derartige Verabredungen ohne Probleme in rechtsverbindliche Richtlinien gegossen. Doch damit soll nun Schluss sein. Im vergangenen Herbst machte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso die Vereinbarung lächerlich: "Warum braucht es eine europäische Regulierung für das Schuhwerk von Friseurinnen?" Auch Vorgaben zu Bildschirmarbeit, Passivrauchen, krebserregenden Arbeitsplatzfaktoren und Erkrankungen des Bewegungsapparats sollen nicht weiter verbessert werden. Sogar bestehende Schutzrechte könnten kippen. Das Schlagwort der EU-Kommission: "Bürokratieabbau" und "Entlastung der Unternehmen von teuren Auflagen".

Tatsächlich hat die EU in punkto Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz vieles verbessert

Die Zustimmung der Gewerkschaften zum EU-Binnenmarkt war immer an eine flankierende Sozialpolitik gebunden. Und tatsächlich hat die EU auch hierzulande in punkto Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz vieles verbessert. Dass dieses jetzt anders werden soll, das wollen die Gewerkschaften nicht hinnehmen. Damit das Soziale weiter mitgedacht wird, braucht es EU-Parlamentarier, die Druck in diese Richtung machen. Deshalb ist es so entscheidend, am 25. Mai zur Europawahl zu gehen.

Besonders wichtig sind EU-Vorgaben dann, wenn die Gewerkschaften keinen direkten Verhandlungspartner haben. Beispiel: Callcenter. Im Februar haben die deutschen Interessenverbände der Callcenter-Branche alle Bemühungen eingestellt, einen Arbeitgeberverband zustande zu bringen. Somit fehlt ver.di das Gegenüber für einen Branchentarifvertrag. Zugleich ist der Verlagerungsdruck in diesem Bereich extrem groß: Wer heute in Deutschland ein Callcenter anruft, hat oft jemanden in Prag, Warschau, Barcelona oder Istanbul an der Strippe. Nur verbindliche, transnationale Gesetze können dem Dumpingwettbewerb etwas entgegensetzen. Das ist mühsam, aber möglich.

Andererseits gilt es auch immer wieder, gute nationale Regelungen vor Abschwächung zu schützen. So wollte die EU-Kommission 2012 allgemeine Normen für Fahrzeugprüfer durchsetzen. Das hätte das deutsche Qualifikationsniveau und damit womöglich tausende von Arbeitsplätzen gefährdet. Die Betriebsräte von TÜV und Dekra schlugen zusammen mit ver.di Alarm - und gemeinsam gelang es, ausreichend viele Abgeordnete im EU-Parlament zu überzeugen.

All das zeigt: Es ist wichtig, dass auch im nächsten EU-Parlament möglichst viele arbeitnehmerfreundliche Abgeordnete Platz nehmen. Über deren Anzahl entscheiden wir alle mit.