Deutschland

Wir müssen uns informieren und wählen gehen

Andreas Meißner, 53, Drucker und Betriebsrat im Druckhaus Spandau, Berlin/Deutschland - Auch wenn die Frage, wie krumm eine europäische Gurke sein darf, seit Jahren belächelt wird, vieles in unserem Alltag wird längst in Brüssel entschieden. Von den Bankenrettungspaketen halte ich nicht viel. Wir sollten nicht die Banken stützen, sondern für ein sozialeres Europa kämpfen. Eine neue Freihandelszone zwischen Europa und den USA brauchen wir nicht. Wir müssen jetzt schon auf europäischer Ebene um unsere Rechte und Standards kämpfen. Durch europäisches Recht arbeiten über Werkverträge osteuropäische Beschäftigte zu Billiglöhnen in deutschen Firmen. Wir müssen aufpassen, dass das Betriebsverfassungsgesetz nicht im europäischen Einheitsbrei untergeht. Und wenn sich die rechten Parteien europaweit einig sind, könnten sie im europäischen Parlament eine starke Fraktion bilden. Das müssen wir verhindern. Wir müssen uns informieren und wählen gehen.


Frankreich

Europa ist eine Selbstverständlichkeit

Cyril Gigout, 43, Fluglotse, Marseille/Frankreich - Ich gehe einfach zu jeder Wahl, egal zu welcher. Eins der wichtigsten Prinzipien der politischen Einflussnahme ist, ein Amt ernennen zu können und eine Person zu berufen, die damit betraut wird. Wählen ist eben auch eine Art dieses Einflusses, auch wenn mir bewusst ist, wie gering er ist. Was die Europawahlen angeht, wähle ich, weil ich denke, dass die Institutionen in Europa schlecht arbeiten. Jetzt ist Gelegenheit, Repräsentanten aus der Zivilgesellschaft zu wählen, die genau dieses Problem thematisieren. Das erlaubt, allgemein aufmerksamer zu sein, insbesondere bei Themen, die mir besonders am Herzen liegen wie die Patentierbarkeit des Lebens, die Gentechnik und die Macht der Lobbyisten. Europa ist für mich eine Selbstverständlichkeit, eine kulturelle Gesamtheit, mit gemeinsamen politischen und allgemeinen Denkweisen. Es ist eine Mischung aus Kultur und Geschichte, die sich die Länder mehr oder weniger gegenseitig zu eigen machen.


Spanien

Einen Sozialstaat für ganz Europa

Silvia Casado Arenas, 39, Geschichtslehrerin in der Oberstufe an einem staatlichen Gymnasium in Madrid/Spanien - Es ist aus zwei Gründen wichtig, zu den Europawahlen zu gehen. Zum einem wird über die Sparpolitik und Schuldentilgung von der Troika bestimmt. Das heißt diese Politik kommt aus Europa. Deshalb ist es wichtig, dass wir Parteien wählen, die die Schulden für illegitim halten und einen Sozialstaat für ganz Europa wollen. Das ist besonders für die Länder im Süden wie Griechenland, Portugal, Italien und Spanien wichtig, gilt aber auch für Irland. Wir bekommen die Auswirkung der Krise am deutlichsten zu spüren. Wir sind die Opfer des Diktats der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Troika.

Zum anderen hat die Europawahl auch einen nationalen Aspekt. Viele Menschen haben bei den letzten Parlamentswahlen in Massen die Partido Popular (PP) gewählt. Sie glaubten fest daran, dass die Konservativen die Krise - für die sie die sozialistische Vorgängerregierung verantwortlich machten - schon richten werde. Jetzt sehen sie, dass sie sich getäuscht haben. Viele sind arbeitslos, ihre Kinder finden keinen Job, sie können die Kredite nicht mehr abbezahlen und werden aus ihren Wohnungen geräumt, das Gesundheitssystem wird immer schlechter. Ich glaube, dass es an der Zeit ist der PP zu zeigen, dass wir sie nicht mehr an der Macht wollen. Die Europawahlen sind so etwas wie eine Volksabstimmung, um zu sagen: Genug jetzt!


Griechenland

Entscheidungen im Interesse der Bevölkerung

Panagiotis Mamounis, 52, Schulwächter im Athener Stadtteil Kallithea, Griechenland - In Griechenland wurden alle Hausmeister entlassen. Ich habe noch einen Monat Arbeit, weil meinem Einspruch gegen meine Entlassung vorläufig stattgegeben wurde. Wenn ich das laufende Verfahren nicht gewinne, werde ich danach arbeitslos sein. Ich werde bei den Europawahlen wählen gehen. Meiner Meinung nach müssen wir alle wählen gehen, denn im Europaparlament werden sehr viele Dinge entschieden, die uns betreffen. Deswegen denke ich, dass es gut ist, wenn jeder von uns nach seinen eigenen Vorstellungen die Leute wählt, die ihn im Europaparlament vertreten sollen. Ich persönlich glaube, dass der Süden Europas sich gegenüber dem Norden zusammenschließen muss, damit Entscheidungen im Interesse der Bevölkerung gefällt werden. Es muss darüber nachgedacht werden, dass die Völker des Südens momentan leiden. Und der Norden hat die Möglichkeit zu helfen.


Schweden

Darum wählen europäische Bürger/innen

Jenny Johansson, 29, Sozialarbeiterin in Göteburg/Schweden - Bei der kommenden Wahl für das Europaparlament zu wählen, ist wichtig für mich. Und wie der Zufall es will, fällt sie zusammen mit der Wahl in Schweden. Einer der Gründe, warum die Europawahl von Bedeutung ist, ist der, dass die Gesetze und Richtlinien, die im Europaparlament verabschiedet werden, Auswirkungen auf Schweden im Ganzen haben. Eine Fallstudie der SKL, der schwedischen Vereinigung lokaler Behörden und Regionen, zeigt, dass rund 60 Prozent der Entscheidungen lokaler Gemeinden durch die EU beeinflusst sind. Ein direktes Beispiel sind die Richtlinien zur Arbeitszeit, die einen Einfluss auf mich und in meiner Funktion als Gewerkschafterin haben.

Ein weiterer, sehr wichtiger Grund ist, ein Zeichen zu setzen gegen den rechtsextremistischen Flügel in der politischen Entwicklung Europas. Und mit seiner Stimme, die demokratischen Kräfte zu unterstützen, genauso wie die Menschenrechte in der gesamten Europäischen Union.


Polen

Anna Rzyszkiewicz, 31, ist Germanistin und arbeitet an der Warschauer Handelshochschule, Polen - Ich will in jedem Fall an den EU-Wahlen teilnehmen. Mit meiner Stimme kann ich über die Zukunft Polens und der EU mitentscheiden. Ich halte sehr viel von diesem gemeinsamen Projekt Europa. Mein Land - Polen - hat sich seit dem EU-Beitritt 2004 sehr zu seinen Gunsten verändert. Neue Straßen und Brücken sind entstanden. Der bislang vernachlässigte Osten des Landes konnte dank der EU an die Entwicklung im Westen anschließen. Insgesamt ist Polen schöner geworden. Das kann man mit bloßem Auge sehen. Auch die Bauern, die ja zunächst sehr skeptisch waren, haben viel vom EU-Beitritt profitiert.

Von den künftigen EU-Parlamentariern erwarte ich, dass sie weniger die nationalen Interessen im Auge haben, sondern vor allem das Wohl aller EU-Bürger. Ich denke an die Armen, auch an die Arbeitslosen. Die EU sollte dafür sorgen, dass alle am Wohlstand teilhaben können. Negativ in dem Zusammenhang fallen mir dabei auch die exorbitant hohen Diäten der EU-Abgeordneten ein. Dieses viele Geld führt dazu, dass häufig Karrieristen nach Brüssel und Straßburg gehen, die sich nur für ihren Kontostand und sonst nichts mehr interessieren. Dabei sind aber auch die Nachbarländer der EU, wie zurzeit die Ukraine, außerordentlich wichtig.


Riumänien

Für ein freies und soziales Europa

Aurelian Varvara, Gesundheitsdienst, Sighisoara/Rumänien – Ich gehe zur Europawahl, weil ich Europa mitgestalten und die europäischen Werte bewahren will. Ich stimme für ein freies und soziales Europa, für Gleichberechtigung, Chancengleichheit und Freizügigkeit.